Usura und usus – Die Gänse und die Allmende
Das Gesetz sperrt ein Männer und Frau‘n
Die der Allmende Gänse klau‘n
Doch dem größ‘ren Schurken es erlaubt,
Dass der Gans er die Allmende raubt.Sühne das Gesetz befiehlt,
Für den, der andern etwas stiehlt.
Doch es verschont die Herrn und Damen,
die uns allen die Allmende nahmen.Das arme G‘sind wird eingesperrt,
wenn zum Gesetzesbruch es sich verschwört.
Dies sei so recht; doch duldet man,
die Verschwörung, die solch Gesetz ersann.Das Gesetz sperrt ein, Männer und Frau‘n,
die der Allmende Gänse klau‘n,
Doch bleibt der Gans die Allmend gestohlen,
bis wir das Land zurück uns holen.Engl. Autor unbekannt, 17. Jhd.
Ein schöner Fund auf keimform.de.
Die Allmende wird zu Unrecht als verkappter Kommunismus abgetan.
Im Kern steckt in der Allmende eine zukunftsfähige Möglichkeit der Befreiung von allen anstößigen Formen, sowohl des Kapitalismus, als auch des Kommunismus. Voraussetzung ist das Erkennen der Allmenden.
An welchen Stellen macht es Sinn das Prinzip des Privateigentums in Gemeineigentum mit Vergabe von Nutzungsrechten umzuwandeln?
Das Formelle beim Kapitalismus – genauer gesagt in der Marktwirtschaft – ist der eindeutig bessere und überlegene Rahmen für eine Wirtschaft. Das Prinzip der Begegnung von Angebot und Nachfrage auf dem Markt ist gut und richtig.
Das Formelle des Kommunismus kann man dagegen getrost auf jenem Friedhof lassen, auf dem es seit der Wende ruht. Doch steckt im Kommunismus auch noch etwas anderes: das Materielle. Im Hinblick auf alle knappen Güter – vor allem jene der Mutter Natur – richtet der Kapitalismus den größt möglichen Schaden dadurch an, dass er hauptsächlich einen rechtlichen Rahmen für die Möglichkeit der Vorenthaltung dieser knappen Gütern schafft.
Was wir aber brauchen ist eine gesellschaftliche Vereinbarung über die optimale Nutzung aller knappen Ressourcen. Das ist im Kapitalismus aber nicht möglich, denn er funktioniert nur bei Aufrechterhaltung von künstlicher Knappheit und der Möglichkeit daraus Profit zu schlagen.
Das Materielle des Kapitalismus ist das Schloss vor einer zukunftsfähigen Marktwirtschaft.
Die Allmende könnte es knacken.
Würde man sich in Fragen der Allmende zunächst ausschließlich jenen Gütern zuwenden, die nicht nach Belieben von Jedem vermehrt werden können, wie beispielsweise Grund und Boden, Naturschätze usw, dann käme man einen großen Schritt weiter.
Leider wird in diesem Zusammenhang gerne das Kind „Allmende“ mitsamt dem Bad „Kollektiveigentum an Produktionsmitteln“ ausgeschüttet.
Während bei ersterem die optimale Nutzung einen geradezu überlebenswichtigen Wert für die Allgemeinheit darstellt, geht es bei Letzterem um beliebig vermehrbare Güter.
Würde man im Weiteren erkennen, dass der Generalschlüssel zu all den Schlössern im Geld selbst liegt, wären wir einem Durchbruch sehr nahe. Geld ist nämlich das wichtigste knappe Gut des Kapitalismus.
In diesem Zusammenhang gibt ein weiterer Fund (Zitat) den Anstoß in die Denkrichtung:
usura und usus
Diesen konkreten Ausdruck verdeutlich Thomas (von Aquin) an einigen Beispielen, die das intuitiv Falsche des Zinswesens gegenüber unserer natürlichen Auffassung von Gerechtigkeit zeigen sollen. Zunächst, so meint er, gelte grundlegend Folgendes: Zins für verliehenes Geld zu nehmen, bedeute, ein Ding und seinen Gebrauch unabhängig voneinander zweimal gegen Geldwert zu veräußern:
Das geht aus der Betrachtung des Wesens der Zinsnahme hervor: Das Wort „usura“ (Zins) kommt nämlich von „usus“ (Gebrauch), weil für den Gebrauch von Geld Lohn entgegengenommen wird, als ob der Gebrauch des geliehenen Geldes selbst erkauft würde. […] Wenn also jemand Geld verleiht unter der Abmachung, dass ihm das Geld vollständig zurückgezahlt wird, und zusätzlich für den Gebrauch des Geldes noch ein Entgelt einfordert, so ist das doch offenkundig, dass er den Gebrauch des Geldes und das Geld als Sache selbst getrennt verkauft. Doch ist der Gebrauch des Geldes – wie bereits gesagt – mit dem Geld der Sache nach identisch (eigentlich: usus autem pecunie ut dictum est non est aliud quam eius substantia), und daher verkauft der Geldverleiher nichts oder dasselbe zweimal, nämlich das Geld, dessen Gebrauch im Verbrauch besteht, und das widerspricht ganz offenbar dem geist jeder natürlichen Gerechtigkeitsvorstellung (´De Malo´q.13,1.4).
In der Parallelstelle „Summa Theologiae“ II-II, q. 78, a. I meint Thomas veranschaulichend, es würde doch jedem einleuchten, dass wen jemand Wein verkaufte und für den Wein also Bezahlung haben wollte, und dann noch einmal zusätzlich den Verzehr des Weines verkaufen wollte, jedermann einsichtig wäre, dass dies gegen jede Auffassung der naturalis iustitia verstößt, denn was verkauft man denn schon beim Wein, wenn nicht den Verzehr. […]
Zitat aus „Die Hauptlasterlehre des Thomas von Aquin“ von Christian Schäfer in
„Laster im Mittelalter – Vices in the Middle Ages“ von Christoph Flüeler und Martin Rohde
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