THEMEN UND WORTE – Nr. 275 – Redaktion
Wie hoch ist der Energiebedarf von Bitcoin im Vergleich zum vorherrschenden Finanzsystem?
– - –
Dieser Frage ging der kanadische Wissenschaftler Blair Fix nach, Autor dieser Zeitschrift in Ausgabe 273.
– - –
„Wenn man argumentieren will, dass Bitcoin ein Energiefresser ist, muss man mehr tun, als nur auf sein Energiebudget zu zeigen und zu sagen, dass es schlecht ist. Man muss zeigen, dass dieses Budget schlechter ist als das der Mainstream-Finanzwelt.“
– - –
Bei diesem Vergleich sieht Blair Fix eine Forschungslücke und hat deshalb die Energieintensität von Bitcoin mit der des amerikanischen Finanzsystems verglichen.
– - –
Mit überraschendem Ergebnis.
– - –
Die Grundlage für die Entstehung von Bitcoins sei der Nachweis des Lösens eines Rätsels. Diese Arbeit – in Fachkreisen „Proof of Work“ genannt – kann nur mit Hilfe von stromfressenden Maschinen geleistet werden. Diese Verschwendung ist im System auch gewollt, denn der immense Energieverbrauch macht Betrug unpraktisch und ineffizient. Die treffendere Bezeichnung für das Bitcoin-System sei daher „Proof-of-energy-wasted“ (Nachweis der Energieverschwendung), so Blair Fix.
– - –
Doch auch im heutigen Geldsystem würden im Grunde nur Zahlen erzeugt. Um daraus ein funktionierendes System zu machen, brauche es Regeln, die für die Knappheit dieser Zahlen sorgen. Und so müsse auch beim herkömmlichen Geld ein enormer Energieaufwand betrieben werden, um Fälschungen und damit die beliebige Herstellung von Geld unmöglich zu machen. Blair Fix zeigt dies am Beispiel des Bargelds und seiner aufwendigen Gestaltung. Die Verfolgung illegaler Fälscher diene der Aufrechterhaltung der Geldknappheit, und dafür würden ebenso große Mengen an Energie verschwendet.
– - –
Damit sei erwiesen, dass Geldsysteme generell Energie verschwenden. Die zu klärende Frage bleibt also der Vergleich zwischen den Systemen.
– - –
Dazu greift der Autor auf Daten zurück und setzt sie anschaulich in Relation zu bekannten Größen. Während dies im Fall von Bitcoin relativ einfach zu ermitteln ist, muss man im Fall des traditionellen Finanzsystems etwas anders vorgehen.
– - –
In den Worten von Blair Fix:
„Aber wenn Bitcoin Energie für die Automatisierung von Transaktionen ‚verschwendet‘, dann folgt daraus, dass das Mainstream-Finanzsystem Energie für die Nicht-Automatisierung ‚verschwendet‘. Menschen werden für Arbeit bezahlt, die (möglicherweise) nicht getan werden muss.
Welches System ist also verschwenderischer? Ist es Bitcoin mit seinem Zwang zu computergestützten Rechenleistungen? Oder ist es das Mainstream-Finanzsystem mit seiner Abhängigkeit von Millionen gut bezahlter Menschen?“
– - –
Im Folgenden untersucht Blair Fix anhand zahlreicher Datenquellen, die er alle auf seiner Website offenlegt, den Energiebedarf des amerikanischen Finanzsystems und berücksichtigt dabei auch den viel größeren Maßstab im Vergleich zu Bitcoin. Je nachdem welche Bezugsgröße man heranzieht, ist das US-Finanzsystem 20- bis 50-mal größer als das Bitcoin-Netzwerk. Berücksichtigt man dies, ergibt sich eine zeitliche Entwicklung, die zeigt, dass Bitcoin zu Beginn (2011) 50-mal energieintensiver war als das US-Finanzsystem. Aktuell hat sich dies auf den Faktor 4 reduziert. Um das Jahr 2030 herum erwartet Blair Fix die Parität der Energieintensität und danach wird das Bitcoin-Netzwerk weniger Energie verbrauchen als das traditionelle Finanzsystem.
– - –
Eine weitere Methode bei Kryptowährungen ist das weitaus weniger energieintensive „Proof-of-stake“ (Anspruchsnachweis), das jedoch im Vergleich zu Bitcoin nur eine untergeordnete Rolle spielt.
– - –
Webseite des Originalbeitrags in Englisch:
Is Bitcoin More Energy Intensive Than Mainstream Finance?
Kurzlink:https://hwlink.de/TUW‑1–275
– - –
Mehr online
– - –
Aktuelle Kommentare