Quo vadis, USA? – Werner Peters

Trump: Vor der Wahl wurden seine Chan­cen unter­schätzt, nach der Wahl wird das Ergeb­nis über­schätzt. Ich meine damit nicht die Wahl an sich. Die Präsi­dent­schaft Donald Trumps wird die poli­ti­sche Land­schaft der USA und die Ausrich­tung der ameri­ka­ni­schen Gesell­schaft nach­hal­tig verän­dern. Ausge­stat­tet mit der enor­men Macht­fül­le, die einem ameri­ka­ni­schen Präsi­den­ten zukommt, kann und wird Donald Trump, gelei­tet von seinen reak­tio­nä­ren Instink­ten und umge­ben von einer Gefolg­schaft von teils ultra-konser­va­ti­ven und mili­tan­ten Minis­tern, Behör­den­lei­tern und Bundes­rich­tern, Fakten schaf­fen, deren Konse­quen­zen für die ameri­ka­ni­sche Gesell­schaft lange, teil­wei­se wie im Fall der Beset­zung des Obers­ten Gerichts­ho­fes jahr­zehn­te­lang nach­wir­ken werden. – - – 

Aber es ist grund­falsch zu behaup­ten, wie zahl­rei­che Kommen­ta­to­ren sich jetzt wieder gegen­sei­tig bestä­ti­gen, dass diese Wahl sozu­sa­gen ein Natur­er­eig­nis war, das so kommen musste, weil das Volk auf eine Botschaft wie die von Donald Trump gewar­tet hat, dass mit dieser Wahl das „wahre“ Ameri­ka sicht­bar gewor­den ist, dass es gera­de­zu einen Erdrutsch nach rechts gege­ben hat. Die Schlag­zei­len am Mitt­woch nach der Wahl hätten genau­so gut lauten können: “Erster weib­li­cher Präsi­dent gewählt. Über­ra­schend star­kes Abschnei­den Donald Trumps“ oder sogar: „Erster beken­nen­der ´Sozia­list´ US-Präsi­dent: Bernie Sanders mit großer Mehr­heit gewählt“. – - – 

Es ist hier nicht der Ort und auch nicht das Ziel dieser Analy­se heraus­zu­ar­bei­ten, ob Sanders gegen Trump gewon­nen und wie die poli­ti­sche Land­schaft Ameri­kas sich nach einem Sieg von Sanders verän­dert hätte. Fakt ist, dass Trump nur gegen eine demo­kra­ti­sche Kandi­da­tin Hilla­ry Clin­ton gewin­nen konnte, die er zu einem wahren Mons­ter dämo­ni­sie­ren und als Zerr­bild alles dessen, was angeb­lich schief läuft in Ameri­ka, vorfüh­ren konnte. An Sanders wäre die Demago­gie gegen das „korrup­te Estab­lish­ment“ ebenso abge­tropft wie der popu­lis­ti­sche Ruf nach Verän­de­rung, den Sanders erheb­lich glaub­wür­di­ger hätte bedie­nen können als Trump. – - – 

Dabei hat auch Hilla­ry Clin­ton landes­weit einen deut­li­chen Vorsprung vor Trump gehabt, aber die Wahl aufgrund des merk­wür­di­gen ameri­ka­ni­schen Wahl­sys­tems mit einem optisch hohen Abstand verlo­ren. Inzwi­schen dürf­ten auch in Deutsch­land die wesent­li­chen Aspek­te dieses Systems bekannt sein, dass nämlich im entschei­den­den Wahl­kol­leg die Stim­men der Einzel­staa­ten versam­melt sind, und zwar von jedem Staat in etwa nach seiner Bevöl­ke­rungs­zahl eine bestimm­te Anzahl, die nur geschlos­sen demje­ni­gen Bewer­ber zufal­len, der – wenn auch nur mit hauch­dün­nem Abstand – in dem jewei­li­gen Staat die meis­ten Stim­men gewinnt. So hat Trump, obwohl aufs Ganze gese­hen sogar deut­lich unter­le­gen, im Wahl­kol­leg eine eindrucks­vol­le Mehr­heit von 306 zu 232 Stimmen.
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Sträf­li­cher Fehler – - – 

Nichts­des­to­we­ni­ger hätte Hilla­ry Clin­ton diese Wahl für sich entschei­den können, trotz des nicht zu leug­nen­den Trends nach rechts, der diese Wahl gekenn­zeich­net hat. Sie hat diese Wahl nicht verlo­ren wegen der Meldung des FBI-Direk­tors zehn Tage vor dem Wahl­tag, dass neu gegen sie ermit­telt würde wegen der berüch­tig­ten E‑Mail-Server- Affäre. Das ist ihre Versi­on zur Begrün­dung der Nieder­la­ge, mit der sie von der Tatsa­che ablenkt oder viel­leicht immer noch nicht begrif­fen hat, dass sie einen kata­stro­pha­len stra­te­gi­schen Fehler in ihrer Wahl­kampf­füh­rung gemacht hat. In jeder kämp­fe­ri­schen Ausein­an­der­set­zung, ob beim Schach, beim Boxen, im Krieg oder eben im Wahl­kampf gilt als gera­de­zu eiser­nes Gesetz, dass man erst die eigene Basis deckt, bevor man zum Angriff über­geht. Hilla­ry Clin­ton hat dieses Gesetz sträf­lich miss­ach­tet, indem sie es versäumt hat, ihre Kräfte darauf zu konzen­trie­ren, die demo­kra­ti­sche Basis zu decken und zu verteidigen. …

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