Mit dem Verschwinden des Eigentums verschwindet nicht der Profit – Stefan Padberg
Jeremy Rifkin hatte in seinem im Jahr 2000 erschienen Buch „Access“ die These vom „Verschwinden des Eigentums“ im Kapitalismus des 21. Jahrhunderts aufgestellt. „Der Markt als Grundlage des neuzeitlichen Lebens befindet sich heute in Auflösung. Im kommenden Zeitalter treten Netzwerke an die Stelle der Märkte, und aus dem Streben nach Eigentum wird das Streben nach Zugang (access), nach Zugriff auf das, was diese Netzwerke zu bieten haben. Unternehmer und Verbraucher machen erste Schritte, den zentralen Mechanismus des neuzeitlichen Wirtschaftslebens auszuhebeln – den Tausch von Eigentum zwischen Verkäufern und Käufern auf Märkten.“ Das klassische Privateigentum werde zunehmend ersetzt durch Abonnements, Mitgliedschaften und zeitlich begrenzte Zugangsberechtigungen für Dienstleistungen. Statt Verkäufern und Käufern von Produkten hätte man es in Zukunft immer mehr mit Anbietern und Nutzern von Dienstleistungen zu tun. Das Wissen um den Zugang bedeute heute die eigentliche Macht.
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Jeder Aspekt unseres Daseins könne sich so in eine geldwerte Ware verwandeln. Gewinner seien die „Pförtner“, die den Zugang zur Kultur und zu den Netzwerken kontrollierten. Die Ökonomie habe nun „ihre Aufmerksamkeit dem letzten unabhängigen Bereich des menschlichen Lebens zugewandt: der Kultur selbst.“ Wir erlebten die Transformation vom industriellen zum kulturellen Kapitalismus. Das kulturelle Gemeingut werde enteignet, neu verpackt und in eine Ware verwandelt. Am Ende würden nur noch Geschäftsbeziehungen die Gesellschaft zusammenhalten. Damit wären aber die Grundlagen der Zivilisation bedroht.
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Fünfzehn Jahre später können wir in Europa feststellen, dass sich viele Vorhersagen von Rifkin bewahrheitet haben. Wir können uns deshalb heute konkret anschauen, wie dies funktioniert. Beispielhaft seien hier die Unternehmen Microsoft, Google und Facebook genannt. Allen drei Unternehmen ist gemeinsam, dass ihre Gründerfiguren visionäre Pioniergestalten waren, die eine bestimmte technikgestützte Vision umsetzen wollten.
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„Access monopolies“ am Werk —
Bill Gates Vision war, einen „Personal Computer“ zu erfinden, der so klein und so billig ist, dass er in jedes Wohnzimmer passt, denn jeder Mensch habe ein Recht auf einen eigenen Computer. Dies in einer Zeit, in der Computer zimmergroße Schränke waren, die in Rechenzentren von Universitäten, großen Unternehmen und Militäreinrichtungen zu finden waren.
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Googles Vision war, die beste Suchmaschine für das Internet zu erfinden. Zu Beginn des Internets gab es noch keine Suchmaschinen. Auf jeder Website waren Links auf andere Websites, die den jeweiligen Erstellern interessant zu sein schienen. Mit dem rasanten Wachstum der Anzahl von Websites war dieser Mechanismus nicht mehr flexibel genug. Wenn man mit seiner eigenen Website im Netz gefunden werden wollte, musste man immer mehr andere Website-Besitzer darum bitten, dass sie Links auf die eigene Website setzen. Dies führte dazu, dass Websites entwickelt wurden, die nichts anderes waren, als riesige Linkverzeichnisse und die sich ihre Dienstleistung zunehmend bezahlen ließen. Googles entscheidende Idee war die Umkehrung dieses Vorgangs. Ein Suchroboter sollte aktiv das Internet durchsuchen und alle auffindbaren Websites indizieren, sodass sie über das Suchformular von Google gefunden werden könnten.
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Marc Zuckerbergs Vision bestand in der Entwicklung einer integrierten Kommunikationsplattform. Ihn störte, dass man für jede Funktion ein eigenes Programm auf dem PC starten musste. Die Geschichte hat gezeigt, dass es nicht nur ihm so ging, sondern vielen seiner Kommilitonen ebenfalls.
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Ich vermute, keiner dieser Jungs hatte zu Beginn das Ziel, Lenker weltumspannender Unternehmen zu werden. Aber sie hatten die Vision, dass ihre Ideen nützlich sind und dass es eine genügend große Zahl von Menschen geben würde, die Interesse an diesen Ideen haben würden. Sie wurden darin durch das technikaffine Umfeld im Silicon Valley gestärkt. Und dann zeigte sich, dass sie Recht hatten: es gab eine große Nachfrage nach ihren Produkten bzw. Dienstleistungen.
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„Access monopolies“ als Pförtner
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Wenn wir nun die Beziehung zu Rifkins „access“-Begriff herstellen wollen, müssen wir uns fragen, welche Pförtnerfunktion die jeweiligen Unternehmen sich zu Eigen gemacht haben. Bei Google liegt der Fall recht klar und wir wollen uns diesen zuerst anschauen. Durch Google werden Websites auffindbar gemacht. Jeder Website-Betreiber und jeder User im Internet hat davon einen Mehrwert. Ohne Google wäre das Leben und Arbeiten im Internet wesentlich mühsamer. Zudem steht die Dienstleistung kostenlos zur Verfügung und wird ständig verbessert. Es ist für jeden nachvollziehbar, dass so eine Suchmaschine zum Monopol-Anbieter wird.
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Facebook bietet „access“ auf eine Kommunikationsplattform, mit der sich Milliarden von Menschen selbständig vernetzen können. Vorher musste jeder User sich eine eigene Website mit Kontaktformular selber bauen oder sich teuer von Fachleuten erstellen lassen. Außerdem musste er sich eine eigene E‑Mailadresse besorgen und ein entsprechendes Programm auf dem PC installieren und konfigurieren. Wenn man an einen anderen User eine E‑Mail schreiben wollte, musste man dessen E‑Mail wissen.
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Microsofts „access monopoly“ liegt in der einheitlichen Erschließung der PC-Hardware. Überall auf der Welt gibt es PCs und Laptops mit Microsofts Betriebssystem und Office Software, was das Leben sehr erleichtert. Wenn es überall unterschiedliche Betriebssysteme und Office Software gäbe, wäre der Umgang mit dem PC wesentlich komplizierter.
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„First mover advantage“
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Ein „access monopoly“ etabliert sich dabei vor allem durch den sogenannten „first mover advantage“. Wir kennen dies noch aus der alten Zeit: „Tempo-Tuch“ ist ein Begriff, der in unseren Alltag so stark eingedrungen ist, dass wir auch Papiertaschentücher anderer Anbieter „Tempotücher“ nennen. Derjenige, der ein neuartiges Produkt als Erster auf den Markt bringt, hat eine gewisse Definitionsmacht, was Name, Funktionsweise und Qualität des Produktes ausmacht. Dies gilt in noch viel stärkerem Maße für die „access“-Phänomene. Derjenige, der einen Zugang als erster erschließt, hat den Vorteil, dass er den Markt regelrecht formen kann. Die Art, wie er die Dienstleistung erbringt, wirkt prägend bis hinein in die Namensgebung (das sprichwörtliche „googlen“). Potenzielle Konkurrenten müssen erst einmal aufholen, um die gleiche Dienstleistung anbieten zu können.
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Jeder Aspekt unseres Daseins könne sich so in eine geldwerte Ware verwandeln. Gewinner seien die „Pförtner“, die den Zugang zur Kultur und zu den Netzwerken kontrollierten. Die Ökonomie habe nun „ihre Aufmerksamkeit dem letzten unabhängigen Bereich des menschlichen Lebens zugewandt: der Kultur selbst.“ Wir erlebten die Transformation vom industriellen zum kulturellen Kapitalismus. Das kulturelle Gemeingut werde enteignet, neu verpackt und in eine Ware verwandelt. Am Ende würden nur noch Geschäftsbeziehungen die Gesellschaft zusammenhalten. Damit wären aber die Grundlagen der Zivilisation bedroht.
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Fünfzehn Jahre später können wir in Europa feststellen, dass sich viele Vorhersagen von Rifkin bewahrheitet haben. Wir können uns deshalb heute konkret anschauen, wie dies funktioniert. Beispielhaft seien hier die Unternehmen Microsoft, Google und Facebook genannt. Allen drei Unternehmen ist gemeinsam, dass ihre Gründerfiguren visionäre Pioniergestalten waren, die eine bestimmte technikgestützte Vision umsetzen wollten.
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„Access monopolies“ am Werk —
Bill Gates Vision war, einen „Personal Computer“ zu erfinden, der so klein und so billig ist, dass er in jedes Wohnzimmer passt, denn jeder Mensch habe ein Recht auf einen eigenen Computer. Dies in einer Zeit, in der Computer zimmergroße Schränke waren, die in Rechenzentren von Universitäten, großen Unternehmen und Militäreinrichtungen zu finden waren.
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Googles Vision war, die beste Suchmaschine für das Internet zu erfinden. Zu Beginn des Internets gab es noch keine Suchmaschinen. Auf jeder Website waren Links auf andere Websites, die den jeweiligen Erstellern interessant zu sein schienen. Mit dem rasanten Wachstum der Anzahl von Websites war dieser Mechanismus nicht mehr flexibel genug. Wenn man mit seiner eigenen Website im Netz gefunden werden wollte, musste man immer mehr andere Website-Besitzer darum bitten, dass sie Links auf die eigene Website setzen. Dies führte dazu, dass Websites entwickelt wurden, die nichts anderes waren, als riesige Linkverzeichnisse und die sich ihre Dienstleistung zunehmend bezahlen ließen. Googles entscheidende Idee war die Umkehrung dieses Vorgangs. Ein Suchroboter sollte aktiv das Internet durchsuchen und alle auffindbaren Websites indizieren, sodass sie über das Suchformular von Google gefunden werden könnten.
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Marc Zuckerbergs Vision bestand in der Entwicklung einer integrierten Kommunikationsplattform. Ihn störte, dass man für jede Funktion ein eigenes Programm auf dem PC starten musste. Die Geschichte hat gezeigt, dass es nicht nur ihm so ging, sondern vielen seiner Kommilitonen ebenfalls.
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Ich vermute, keiner dieser Jungs hatte zu Beginn das Ziel, Lenker weltumspannender Unternehmen zu werden. Aber sie hatten die Vision, dass ihre Ideen nützlich sind und dass es eine genügend große Zahl von Menschen geben würde, die Interesse an diesen Ideen haben würden. Sie wurden darin durch das technikaffine Umfeld im Silicon Valley gestärkt. Und dann zeigte sich, dass sie Recht hatten: es gab eine große Nachfrage nach ihren Produkten bzw. Dienstleistungen.
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„Access monopolies“ als Pförtner
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Wenn wir nun die Beziehung zu Rifkins „access“-Begriff herstellen wollen, müssen wir uns fragen, welche Pförtnerfunktion die jeweiligen Unternehmen sich zu Eigen gemacht haben. Bei Google liegt der Fall recht klar und wir wollen uns diesen zuerst anschauen. Durch Google werden Websites auffindbar gemacht. Jeder Website-Betreiber und jeder User im Internet hat davon einen Mehrwert. Ohne Google wäre das Leben und Arbeiten im Internet wesentlich mühsamer. Zudem steht die Dienstleistung kostenlos zur Verfügung und wird ständig verbessert. Es ist für jeden nachvollziehbar, dass so eine Suchmaschine zum Monopol-Anbieter wird.
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Facebook bietet „access“ auf eine Kommunikationsplattform, mit der sich Milliarden von Menschen selbständig vernetzen können. Vorher musste jeder User sich eine eigene Website mit Kontaktformular selber bauen oder sich teuer von Fachleuten erstellen lassen. Außerdem musste er sich eine eigene E‑Mailadresse besorgen und ein entsprechendes Programm auf dem PC installieren und konfigurieren. Wenn man an einen anderen User eine E‑Mail schreiben wollte, musste man dessen E‑Mail wissen.
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Microsofts „access monopoly“ liegt in der einheitlichen Erschließung der PC-Hardware. Überall auf der Welt gibt es PCs und Laptops mit Microsofts Betriebssystem und Office Software, was das Leben sehr erleichtert. Wenn es überall unterschiedliche Betriebssysteme und Office Software gäbe, wäre der Umgang mit dem PC wesentlich komplizierter.
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„First mover advantage“
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Ein „access monopoly“ etabliert sich dabei vor allem durch den sogenannten „first mover advantage“. Wir kennen dies noch aus der alten Zeit: „Tempo-Tuch“ ist ein Begriff, der in unseren Alltag so stark eingedrungen ist, dass wir auch Papiertaschentücher anderer Anbieter „Tempotücher“ nennen. Derjenige, der ein neuartiges Produkt als Erster auf den Markt bringt, hat eine gewisse Definitionsmacht, was Name, Funktionsweise und Qualität des Produktes ausmacht. Dies gilt in noch viel stärkerem Maße für die „access“-Phänomene. Derjenige, der einen Zugang als erster erschließt, hat den Vorteil, dass er den Markt regelrecht formen kann. Die Art, wie er die Dienstleistung erbringt, wirkt prägend bis hinein in die Namensgebung (das sprichwörtliche „googlen“). Potenzielle Konkurrenten müssen erst einmal aufholen, um die gleiche Dienstleistung anbieten zu können.
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