„Kommt endlich vom Sofa runter!“ – Pat Christ
– - –
Dass sich gesellschaftlich etwas ändert, daran arbeiten überall im Land Organisationen, Projekte und Initiativen. Sie kämpfen für eine bessere Gesellschaft, die kein Wachstum und kein erbittertes Konkurrenzgerangel mehr nötig hat. Doch der Prozess geht langsam und manchmal drängt sich der bedrückende Gedanke auf, dass am Ende alles nichts nützt. „Doch grübeln nützt noch weniger“, betont Friederike Habermann, Autorin des Buchs „Ecommony – UmCARE zum Miteinander“.
– - –
Friederike Habermann, die seit den 80ern in sozialen Bewegungen aktiv ist und sich dort für Alternativen zu bestehenden Wirtschafts- und Gesellschaftsformen einsetzt, zweifelt nicht daran, dass Veränderungen möglich sind. Mehr noch, dass sie bereits im vollen Gang sind. Alles andere wäre im Grunde auch verwunderlich. Denn viele Menschen leiden unter der Art und Weise, wie wir leben. Zum Beispiel, was das expandierende Lebensfeld „Arbeit“ anbelangt.
– - –
Durch Digitalisierung, Rationalisierung und den Zwang, sich im Wettbewerb gegen nationale und internationale Konkurrenz durchzusetzen, muss immer mehr Arbeit in immer kürzerer Zeit erledigt werden. Das Pensum droht, unbewältigbar zu werden. Viele bewältigen es auch nicht mehr. So sehr sie sich auch abstrampeln. Sie werden irgendwann physisch oder psychisch krank.
– - –
Wachsende Anforderungen im Beruf, die häufig auch noch mit immer anspruchsvollerer Familienarbeit einhergehen, führen zu steigenden Zahlen von Burnout und überfüllten psychosomatischen Kliniken. Dort wird Akutes therapiert und der Wunsch nach individueller Verwirklichung angestoßen, was „draußen“, nach dem Reha-Aufenthalt, rasch wieder verpufft. Denn in diesem Umfeld hat sich ja nichts verändert.
– - –
Friederike Habermann plädiert für Räume „anderer Selbstverständlichkeiten“, die nicht von Egoismus sondern vom Gedanken der Kooperation geprägt sind. Räume, welche die Chance eröffnen, gemeinsam kritisch zu hinterfragen, was sich gesellschaftlich vollzieht und was das Individuum heute durch die Gesellschaft prägt. Man kann sich darin der eigenen Standpunkte vergewissern und sich neu orientieren. Solche Räume oder, wie Friederike Habermann es auch nennt, „Halbinseln gegen den Strom“ sind zum Beispiel der Wuppertaler „Lernort“ oder der „Freiraum“ in Würzburg.
– - –
Es geht nur zusammen
– - –
In letzterem war Habermann als Teilnehmerin des diesjährigen „Politischen Labors“ zu Gast. Diese Veranstaltungsreihe versuchte heuer zum zweiten Mal, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen unter die Lupe zu nehmen und daraus Schlüsse für ein alternatives Leben gemäß der eigenen Bedürfnisse und Fähigkeiten zu ziehen. Habermanns Vortrag, der auf große Resonanz beim erstaunlich gemischten Publikum stieß (es waren durchaus nicht nur erkennbar „Alternative“ im „Freiraum“), untersuchte die Wechselwirkungen zwischen Macht und Herrschaft. Und er zeigte auf, wie wichtig Räume sind, in denen Menschen zusammenkommen und gemeinsam an Veränderungen arbeiten.
– - –
Kompetent zeigte die Volkswirtin und promovierte Politikwissenschaftlerin auf, in welche Richtung sich die Gesellschaft in den vergangenen 1000 Jahren entwickelt hat. Für den mittelalterlichen Menschen zum Beispiel gab es kein „Eigentum“ – sofern Eigentum als ein Besitz, den man nicht unmittelbar für die eigenen Bedürfnisse braucht, definiert wird. „Allmende“ nannte sich das gemeinschaftliche Eigentum. Rosa Luxemburg sprach von „Dorfkommunismus“. Damit war Schluss, als der Adel begann, sich des Landes und der Allmenden zu bemächtigen. Die beraubten Menschen zogen in der Folge in die Städte, um sich „Arbeit“ in einem ihnen bis dato unbekannten Sinne zu suchen.
– - –
mehr online…
Aktuelle Kommentare