Im Jahre 1 nach Trump – Werner Peters
Wenn man sich die Aufgabe stellt, die Situation der USA im Jahre 1 nach dem Amtsantritt von Donald Trump zu beschreiben, dann sollte man der Versuchung widerstehen, sich in die Details seiner Amtsführung zu verlieren, seine Erfolge und Misserfolge aufzuzählen und zu kommentieren.
Man sollte auch gar nicht versuchen, eine Art Linie zu finden in den oft widersprüchlichen und teilweise erratischen Handlungen und Verlautbarungen des neuen Präsidenten der USA. Die Person Trump ist nämlich gar nicht so wichtig. Sie bekam und hat bedauerlicherweise durch die Aufmerksamkeit der Medien und deren Vervielfältigungseffekt eine ihr gar nicht angemessene Bedeutung. Wichtig ist vielmehr das Phänomen Trump. Wie konnte eine Person wie Trump in das höchste Staatsamt eines einigermaßen aufgeklärten und demokratisch hoch entwickelten Landes kommen, und was bedeutet die Wahl Trumps für die Zukunft der USA (und in gewisser Weise für die Welt)?
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Von daher möchte ich die Analyse des politischen Zustands der USA auf die Frage zuspitzen: Ist die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA ein grundstürzendes Ereignis, eine Zeitenwende, mit der das Ende des westlichen Modells der offenen Gesellschaft und der liberalen Demokratie eingeläutet wird, oder handelt es sich um eine gefährliche, aber letztlich temporäre Abweichung, eine Verwirrung der Gemüter, die bei den nächsten Wahlen wieder korrigiert wird?
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Ich werde mich an die Beantwortung dieser Frage in drei Schritten herantasten: Zunächst geht es darum, das Wahlergebnis in der richtigen Weise zu interpretieren und zu bewerten.
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Anschließend muss zumindest summarisch die gegenwärtige politische Situation in den USA, wie sie sich unter Donald Trump entwickelt hat, dargestellt werden.
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Daran schließt sich als dritter und entscheidender Teil die Untersuchung an, ob es Anzeichen für strukturelle, fundamentale Veränderungen der amerikanischen Politik gibt und ob Gegenströmungen bemerkbar und wirkungsmächtig sind. Das sollte dann helfen, die Frage zu beantworten, ob und wie weit die Wahl Donald Trumps ein Wendepunkt in der amerikanischen Politik ist.
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Zum Wahlergebnis
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Vor der Wahl wurden seine Chancen unterschätzt, nach der Wahl wird das Ergebnis überschätzt. Ich meine damit nicht die Wahl an sich. Es zeigt sich jetzt schon, dass die Präsidentschaft Donald Trumps die politische Landschaft der USA und die Ausrichtung der amerikanischen Gesellschaft nachhaltig verändern wird. Aber es ist grundfalsch zu behaupten, dass diese Wahl sozusagen ein Naturereignis war, das so kommen musste, weil das Volk auf eine Botschaft wie die von Donald Trump gewartet hat, dass mit dieser Wahl das „wahre“ Amerika sichtbar geworden ist, dass es geradezu einen Erdrutsch nach rechts gegeben hat. Die Schlagzeilen am Mittwoch nach der Wahl hätten genauso gut lauten können: „Erster weiblicher Präsident gewählt.“ oder sogar: „Erster bekennender ´Sozialist´ US-Präsident: Bernie Sanders mit großer Mehrheit gewählt“.
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Es ist nicht das Ziel dieser Analyse herauszuarbeiten, ob Sanders gegen Trump gewonnen und wie die politische Landschaft Amerikas sich nach einem Sieg von Sanders verändert hätte. Fakt ist, dass Trump nur gegen eine demokratische Kandidatin Hillary Clinton gewinnen konnte, die er zu einem wahren Monster dämonisieren und als Zerrbild alles dessen, was angeblich schief läuft in Amerika, vorführen konnte. An Sanders wäre die Demagogie gegen das „korrupte Establishment“ ebenso abgetropft wie der populistische Ruf nach Veränderung, den Sanders erheblich glaubwürdiger hätte bedienen können als Trump.
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Dabei hat auch Hillary Clinton landesweit einen deutlichen Vorsprung vor Trump gehabt, aber die Wahl aufgrund des merkwürdigen amerikanischen Wahlsystems mit einem optisch hohen Abstand verloren. Nichtsdestoweniger hätte Hillary Clinton diese Wahl für sich entscheiden können, trotz des nicht zu leugnenden Trends nach rechts, der diese Wahl gekennzeichnet hat. Sie hat diese Wahl verloren, weil sie einen katastrophalen strategischen Fehler in ihrer Wahlkampfführung gemacht hat. In jeder kämpferischen Auseinandersetzung, ob beim Schach, beim Boxen, im Krieg oder eben im Wahlkampf gilt als geradezu eisernes Gesetz, dass man erst die eigene Basis deckt, bevor man zum Angriff übergeht. Hillary Clinton hat dieses Gesetz sträflich missachtet, indem sie es versäumt hat, ihre Kräfte darauf zu konzentrieren, die demokratische Basis zu decken und zu verteidigen.
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Dabei war die Gefahr, die von Trump in den grundsätzlich demokratisch orientierten sogenannten „rust-belt“-Staaten Pennsylvania, Michigan, Wisconsin (zusammen 46 Stimmen) zuzüglich dem „swing-state“ Ohio (18 Stimmen) ausging, nicht zu übersehen. Schon bei der republikanischen Vorwahl hatte sich Trump damit gebrüstet, dass er Michigan, einen bis dahin soliden demokratischen Staat, gewinnen könnte, weil die Menschen auf seine Botschaft von den durch die Demokraten verursachten Fabrikschließungen und Jobverlusten aufgrund des Freihandelsabkommen und seine völlig illusorischen Versprechungen, die Jobs zurückzubringen, mit Begeisterung reagierten. Clinton hat in einer Mischung aus sträflicher Nachlässigkeit, gepaart mit einer Spur Überheblichkeit gegenüber dieser Demagogie, das Ausmaß der Wut der Zurückgebliebenen gegenüber den politischen Eliten unterschätzt und nicht genug daran gearbeitet, die demokratische Basis, die in diesen Staaten solide vorhanden ist, entsprechend aufzurütteln und zu stärken. So ist sie z. B. während des eigentlichen Wahlkampfes nicht ein einziges Mal in Wisconsin gewesen, Pennsylvania und Michigan hat sie erst spät, zu spät wichtig genommen.
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Sie brauchte diese Staaten nicht zu verlieren. Der Vorsprung von Trump in jedem dieser drei bisher demokratischen Staaten war gerade mal ein Prozent, er reichte aber aus, um eine tektonische Verschiebung der politischen Landkarte um 92 Stimmen im Wahlkolleg herzustellen, die das „Wunder“, wie Trump vor der Entscheidung seinen Anhängern verkündet hatte, wahr werden ließ. Die Wahl hätte also genauso gut gegen Trump ausfallen können. Das offizielle Wahlergebnis, der eindrucksvolle Vorsprung im Wahlkolleg, suggeriert eine Umschichtung der Wählerschaft, eine politische Landschaftsverschiebung, die so nicht stimmt. Unzweifelhaft hat es Abwanderungen demokratischer Stammwählerschaft zu den Republikanern (besser gesagt: zu Trump) gegeben, aber das Wahlergebnis zeigt deutlich, dass sich an der Basis keine grundlegenden Veränderungen ergeben haben. Trump hat seinen Sieg ganz wesentlich der Tatsache zu verdanken, dass er Menschen, die normalerweise nicht zur Wahl gehen, dazu bewegen konnte, ihre Frustration und ihren sonst stummen Protest an die Wahlurnen zu tragen, während es Hillary Clinton nicht geschafft hat, die demokratische Basis so von sich zu überzeugen, wie es Obama gelungen ist. Das gilt im Übrigen auch für Donald Trump. Er hat zwar etwa so viele Stimmen bekommen wie vier Jahre vorher der republikanische Bewerber Mitt Romney. Aber wenn man die Überläufer von den Demokraten und vor allem die große Zahl der bisherigen Nichtwähler abzieht, die dieses Mal gewählt haben, und zwar Donald Trump, so wird deutlich, dass er das republikanische Potential nicht ausschöpfen konnte. Die Wahlbeteiligung war mit 58,1 % auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten – nur war es eben Trump gelungen, bisherige Nichtwähler zu mobilisieren.
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Um es zusammenzufassen: Das Wahlergebnis lässt sich nicht als gesellschaftlicher Erdrutsch interpretieren, aus dem Donald Trump einen Auftrag herleiten kann, die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse von Grund auf umzukehren. Allerdings hat er die Macht dazu, und damit kommen wir zum Teil 2 der Analyse.
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Man sollte auch gar nicht versuchen, eine Art Linie zu finden in den oft widersprüchlichen und teilweise erratischen Handlungen und Verlautbarungen des neuen Präsidenten der USA. Die Person Trump ist nämlich gar nicht so wichtig. Sie bekam und hat bedauerlicherweise durch die Aufmerksamkeit der Medien und deren Vervielfältigungseffekt eine ihr gar nicht angemessene Bedeutung. Wichtig ist vielmehr das Phänomen Trump. Wie konnte eine Person wie Trump in das höchste Staatsamt eines einigermaßen aufgeklärten und demokratisch hoch entwickelten Landes kommen, und was bedeutet die Wahl Trumps für die Zukunft der USA (und in gewisser Weise für die Welt)?
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Von daher möchte ich die Analyse des politischen Zustands der USA auf die Frage zuspitzen: Ist die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA ein grundstürzendes Ereignis, eine Zeitenwende, mit der das Ende des westlichen Modells der offenen Gesellschaft und der liberalen Demokratie eingeläutet wird, oder handelt es sich um eine gefährliche, aber letztlich temporäre Abweichung, eine Verwirrung der Gemüter, die bei den nächsten Wahlen wieder korrigiert wird?
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Ich werde mich an die Beantwortung dieser Frage in drei Schritten herantasten: Zunächst geht es darum, das Wahlergebnis in der richtigen Weise zu interpretieren und zu bewerten.
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Anschließend muss zumindest summarisch die gegenwärtige politische Situation in den USA, wie sie sich unter Donald Trump entwickelt hat, dargestellt werden.
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Daran schließt sich als dritter und entscheidender Teil die Untersuchung an, ob es Anzeichen für strukturelle, fundamentale Veränderungen der amerikanischen Politik gibt und ob Gegenströmungen bemerkbar und wirkungsmächtig sind. Das sollte dann helfen, die Frage zu beantworten, ob und wie weit die Wahl Donald Trumps ein Wendepunkt in der amerikanischen Politik ist.
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Zum Wahlergebnis
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Vor der Wahl wurden seine Chancen unterschätzt, nach der Wahl wird das Ergebnis überschätzt. Ich meine damit nicht die Wahl an sich. Es zeigt sich jetzt schon, dass die Präsidentschaft Donald Trumps die politische Landschaft der USA und die Ausrichtung der amerikanischen Gesellschaft nachhaltig verändern wird. Aber es ist grundfalsch zu behaupten, dass diese Wahl sozusagen ein Naturereignis war, das so kommen musste, weil das Volk auf eine Botschaft wie die von Donald Trump gewartet hat, dass mit dieser Wahl das „wahre“ Amerika sichtbar geworden ist, dass es geradezu einen Erdrutsch nach rechts gegeben hat. Die Schlagzeilen am Mittwoch nach der Wahl hätten genauso gut lauten können: „Erster weiblicher Präsident gewählt.“ oder sogar: „Erster bekennender ´Sozialist´ US-Präsident: Bernie Sanders mit großer Mehrheit gewählt“.
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Es ist nicht das Ziel dieser Analyse herauszuarbeiten, ob Sanders gegen Trump gewonnen und wie die politische Landschaft Amerikas sich nach einem Sieg von Sanders verändert hätte. Fakt ist, dass Trump nur gegen eine demokratische Kandidatin Hillary Clinton gewinnen konnte, die er zu einem wahren Monster dämonisieren und als Zerrbild alles dessen, was angeblich schief läuft in Amerika, vorführen konnte. An Sanders wäre die Demagogie gegen das „korrupte Establishment“ ebenso abgetropft wie der populistische Ruf nach Veränderung, den Sanders erheblich glaubwürdiger hätte bedienen können als Trump.
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Dabei hat auch Hillary Clinton landesweit einen deutlichen Vorsprung vor Trump gehabt, aber die Wahl aufgrund des merkwürdigen amerikanischen Wahlsystems mit einem optisch hohen Abstand verloren. Nichtsdestoweniger hätte Hillary Clinton diese Wahl für sich entscheiden können, trotz des nicht zu leugnenden Trends nach rechts, der diese Wahl gekennzeichnet hat. Sie hat diese Wahl verloren, weil sie einen katastrophalen strategischen Fehler in ihrer Wahlkampfführung gemacht hat. In jeder kämpferischen Auseinandersetzung, ob beim Schach, beim Boxen, im Krieg oder eben im Wahlkampf gilt als geradezu eisernes Gesetz, dass man erst die eigene Basis deckt, bevor man zum Angriff übergeht. Hillary Clinton hat dieses Gesetz sträflich missachtet, indem sie es versäumt hat, ihre Kräfte darauf zu konzentrieren, die demokratische Basis zu decken und zu verteidigen.
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Dabei war die Gefahr, die von Trump in den grundsätzlich demokratisch orientierten sogenannten „rust-belt“-Staaten Pennsylvania, Michigan, Wisconsin (zusammen 46 Stimmen) zuzüglich dem „swing-state“ Ohio (18 Stimmen) ausging, nicht zu übersehen. Schon bei der republikanischen Vorwahl hatte sich Trump damit gebrüstet, dass er Michigan, einen bis dahin soliden demokratischen Staat, gewinnen könnte, weil die Menschen auf seine Botschaft von den durch die Demokraten verursachten Fabrikschließungen und Jobverlusten aufgrund des Freihandelsabkommen und seine völlig illusorischen Versprechungen, die Jobs zurückzubringen, mit Begeisterung reagierten. Clinton hat in einer Mischung aus sträflicher Nachlässigkeit, gepaart mit einer Spur Überheblichkeit gegenüber dieser Demagogie, das Ausmaß der Wut der Zurückgebliebenen gegenüber den politischen Eliten unterschätzt und nicht genug daran gearbeitet, die demokratische Basis, die in diesen Staaten solide vorhanden ist, entsprechend aufzurütteln und zu stärken. So ist sie z. B. während des eigentlichen Wahlkampfes nicht ein einziges Mal in Wisconsin gewesen, Pennsylvania und Michigan hat sie erst spät, zu spät wichtig genommen.
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Sie brauchte diese Staaten nicht zu verlieren. Der Vorsprung von Trump in jedem dieser drei bisher demokratischen Staaten war gerade mal ein Prozent, er reichte aber aus, um eine tektonische Verschiebung der politischen Landkarte um 92 Stimmen im Wahlkolleg herzustellen, die das „Wunder“, wie Trump vor der Entscheidung seinen Anhängern verkündet hatte, wahr werden ließ. Die Wahl hätte also genauso gut gegen Trump ausfallen können. Das offizielle Wahlergebnis, der eindrucksvolle Vorsprung im Wahlkolleg, suggeriert eine Umschichtung der Wählerschaft, eine politische Landschaftsverschiebung, die so nicht stimmt. Unzweifelhaft hat es Abwanderungen demokratischer Stammwählerschaft zu den Republikanern (besser gesagt: zu Trump) gegeben, aber das Wahlergebnis zeigt deutlich, dass sich an der Basis keine grundlegenden Veränderungen ergeben haben. Trump hat seinen Sieg ganz wesentlich der Tatsache zu verdanken, dass er Menschen, die normalerweise nicht zur Wahl gehen, dazu bewegen konnte, ihre Frustration und ihren sonst stummen Protest an die Wahlurnen zu tragen, während es Hillary Clinton nicht geschafft hat, die demokratische Basis so von sich zu überzeugen, wie es Obama gelungen ist. Das gilt im Übrigen auch für Donald Trump. Er hat zwar etwa so viele Stimmen bekommen wie vier Jahre vorher der republikanische Bewerber Mitt Romney. Aber wenn man die Überläufer von den Demokraten und vor allem die große Zahl der bisherigen Nichtwähler abzieht, die dieses Mal gewählt haben, und zwar Donald Trump, so wird deutlich, dass er das republikanische Potential nicht ausschöpfen konnte. Die Wahlbeteiligung war mit 58,1 % auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten – nur war es eben Trump gelungen, bisherige Nichtwähler zu mobilisieren.
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Um es zusammenzufassen: Das Wahlergebnis lässt sich nicht als gesellschaftlicher Erdrutsch interpretieren, aus dem Donald Trump einen Auftrag herleiten kann, die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse von Grund auf umzukehren. Allerdings hat er die Macht dazu, und damit kommen wir zum Teil 2 der Analyse.
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