Gesell macht Schule – Christian Mayer

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Frei­wirt­schaft­li­che Ideen im Wirtschaftslehreunterricht
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„Herr Mayer, können wir hierzu noch mehr machen?“ Mit dieser Frage fing alles an. Kurz nach Weih­nach­ten stand im Wirt­schafts­leh­re­un­ter­richt der Klasse WGE‑2 (einer 11ten Klasse des Wirt­schafts­gym­na­si­ums) das Thema „Verschul­dung priva­ter Haus­hal­te“ auf der Tages­ord­nung. Während des Unter­richts entbrann­te eine lebhaf­te Diskus­si­on über mögli­che Gründe um in die Ver- und Über­schul­dung hinein­zu­ge­ra­ten. Das Gespräch entwi­ckel­te recht schnell eine eigene Dyna­mik, es kamen immer mehr gesell­schafts­po­li­ti­sche Sicht­wei­sen hinzu und irgend­wie – der genaue Grund lässt sich heute nicht mehr reka­pi­tu­lie­ren – kamen auch der Zins und Zinses­zins, die Vermö­gens­ent­wick­lung in Deutsch­land sowie die Tatsa­che zur Spra­che, dass die Schul­den des einen stets das Vermö­gen des ande­ren sind.
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Als am Ende der Stunde zwei Schü­le­rin­nen mit obiger Frage auf mich zuka­men, keim­ten bereits erste Ideen, die Thema­tik im Unter­richt zu vertie­fen. Auch der Rest der Klasse bekun­de­te ein Inter­es­se an der Thema­tik und so wurde verein­bart, dass konse­quent im Unter­richt gear­bei­tet werde, da nur dann die nöti­gen Stun­den am Ende des Schul­jah­res zur Verfü­gung stehen würden, um dieses Thema „on top“ zu behan­deln. Diese Verein­ba­rung Ernst nehmend, konnte zwei Wochen vor Beginn der Sommer­fe­ri­en das „Projekt Gesell“ reali­siert werden.
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Das Projekt beginnt
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Wie und vor allem was sollte in den weni­gen Stun­den bespro­chen werden? Und zwar so, dass einer­seits die von Gesell thema­ti­sier­ten System­pro­ble­me ver-stan­den wurden und ande­rer­seits, dieses neue Wissen einen gewis­sen Nach­hal­tig­keits­cha­rak­ter bekom­men konnte. In Anbe­tracht des engen Zeit­fen­sterns fiel die Auswahl auf das Thema Zinsen sowie die Frage, weshalb eine Wirt­schaft über­haupt bestän­dig wach­sen muss. Mit diesen beiden Themen­blö­cken im Gepäck ging es los. So stand zu Beginn ein einfa­ches Brain­stor­ming an, in dem die Schü­ler frei heraus ihre Asso­zia­tio­nen äußern sollten.
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Inter­es­sant war zu sehen, dass – wie erwar­tet – ledig­lich Allge­mein­schau­plät­ze ange­führt wurden. So seien Zinsen heute kaum zu bekom­men und hätten etwas mit den Einnah­men und Ausga­ben einer Bank zu tun. Auch bei der Frage nach den Grün­den für die Forde­rung nach einem perma­nen­ten Wirt­schafts­wachs­tum kam das was land­läu­fig in Funk und Fern­se­hen zu hören, zu sehen und zu lesen ist. Zentra­ler Tenor war der „Reich­tum für alle“. Auch wenn ein Schü­ler als Antwort die System­grund­la­ge ins Spiel brach­te. Hier­mit konnte man arbeiten.
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Zunächst näher­ten wir uns dem Thema Zinsen. Also der Frage, was es mit diesen auf sich hat. Rund 80 Prozent der Klasse gaben an, schon einmal den Spruch „Lassen Sie Ihr Geld für sich arbei­ten“ gehört zu haben, doch wurde nirgends die Tatsa­che gese­hen, dass Geld eigent­lich nicht arbei­ten kann, sondern von Menschen erwirt­schaf­tet werden muss. Dies ist inso­fern inter­es­sant, als dass die Klasse kurz zuvor geäu­ßert hatte, dass die Banken sich über die Diffe­renz zwischen Gutha­ben- und Schul­den­zin­sen finan­zie­ren würden und es eben Menschen (Kredit­neh­mer) seien, die unter ande­rem die Zinsen für die Sparer erwirt­schaf­ten. Die fehlen­de gedank­li­che Verknüp­fung zwischen „arbei­ten­dem Geld“ und dem tatsäch­li­chen Erwirt­schaf­ter der Zinsen zeigte bereits hier die einge­fah­re­nen Denk­struk­tu­ren, die aufzu­bre­chen eben­falls ein Ziel des Projek­tes war… 

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