Geldschöpfung und kein Ende – Dirk Löhr
Um die Geldschöpfungsdebatte habe ich bewusst immer einen großen Bogen gemacht – die Chance, sich einen Shitstorm einzufangen und arbeitsunfähig zu werden, ist kaum irgendwo größer als damit. Doch sei ’s drum. Ich sehe mich genötigt, das Thema aufzugreifen. Denn manche Befürworter der „autonomen Geldschöpfung“ der Geschäftsbanken gehen so weit zu behaupten, Kredite könnten vergeben werden, ohne dass zuvor Ersparnisse gebildet worden wären.
Dies würde bedeuten, dass das auf die Physiokraten zurückgehende und von Gesell und Keynes aufgegriffene volkswirtschaftliche Kreislaufdenken obsolet wäre. Meines Erachtens ist das starker Tobak, der zustande kommt, weil
die realwirtschaftliche „Parallelwelt“ in der Argumentation nicht beachtet wird und
die Argumentation genauso wenig wie die Neoklassik zwischen Kapital und Land differenziert.
In einem ersten Schritt soll nachfolgend der Geldschöpfungsvorgang anhand einer Robinsonade so dargestellt werden, wie das auch die Deutsche Bundesbank in ihren Veröffentlichungen macht. In einem zweiten Schritt wird dann die Erweiterung um die realwirtschaftliche Parallelwelt vorgenommen. Der dritte Schritt macht die Konsequenzen einer Differenzierung zwischen Land und Kapital deutlich. In einem Schlussteil werden noch ein paar Anmerkungen zur Rolle des Zinses und der ökonomischen Renten gemacht.
Das Geldschöpfungsphänomen
Anders als einige Autoren v. a. aus dem freiwirtschaftlichen Spektrum folgen wir der Auffassung, dass eine Geldschöpfung der Geschäftsbanken existiert. Die nachfolgenden Ausführungen sind bewusst zum Teil wörtlich an diejenigen der Deutschen Bundesbank zu diesem Thema angelehnt:
In der Regel gewährt die Bank einem Kunden einen Kredit und schreibt ihm den entsprechenden Betrag auf dessen Girokonto als Sichteinlage gut. Wird einem Kunden ein Kredit über 1.000 GE (Geldeinheiten) gewährt (z. B. für die Laufzeit von einer Periode), erhöht sich die Sichteinlage des Kunden auf seinem Girokonto um 1.000 GE. Es ist Buchgeld entstanden oder es wurden 1.000 GE Buchgeld geschaffen.
Vergibt die A‑Bank also den Kredit an Robinson, so kann sie diesen in einem ersten Schritt dadurch finanzieren, dass sie den entsprechenden Betrag an Buchgeld selbst schafft. Sie verbucht auf der Aktivseite ihrer Bilanz den gewährten Kredit als Forderung an den Kreditnehmer, auf der Passivseite ihrer Bilanz schreibt sie dem Kreditnehmer den Kreditbetrag auf dessen Konto als Sichteinlage gut. Aus Sicht der Bank ist diese Sichteinlage eine Verbindlichkeit – sie schuldet dem Kontoinhaber dieses Geld.
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