Die Standhafte – EZB – Sven Giegold und Gerhard Schick
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 31. Mai 2018 auf der Webseite von Sven Giegold unter CC-Lizenz (BY-NC 3.0 DE) siehe: https://sven-giegold.de/die-standhafte-20-jahre-ezb/
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Zum 1. Juni 1998 nahm die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Arbeit auf. Zwanzig Jahre nach ihrer Gründung steht die EZB für ihre Niedrigzinspolitik insbesondere aus Deutschland im Kreuzfeuer der Kritik. Aus der politischen Krise Italiens erwächst zusätzliche Gefahr für die Währungsunion.
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Mario Draghi hat mit seinem „Whatever it takes“ die Eurozone vor dem Zusammenbruch und Europa vor einer schweren Depression bewahrt. Wenn sich heute deutsche Politiker über die Nebenwirkungen der niedrigen Zinsen beschweren, dann ist das Heuchelei. Denn Deutschlands Blockadehaltung gegen ein gemeinsames europäisches Vorgehen hat dazu beigetragen, dass die Eurozone immer noch am Tropf der laxen Geldpolitik hängt. Die EZB hat durch ihr mutiges Agieren den Mitgliedstaaten Zeit verschafft für die dringend nötige Vervollständigung der Wirtschafts- und Währungsunion. Passiert ist seither aber viel zu wenig: Die Wirtschafts- und Währungsunion bleibt unvollendet, gemeinsame Investitionsmittel sind in weiter Ferne, die soziale Säule und der Kampf gegen Steuervermeidung und Steuerkriminalität sind in vielen Bereichen nicht mehr als Lippenbekenntnisse, nicht einmal die Europäische Einlagen-Rückversicherung (EDIS) oder der lange diskutierte Europäische Währungsfonds sind bislang beschlossen. Der gemeinsame Bankenabwicklungsfonds ist nicht glaubwürdig, weil ihm in einer schweren Krise die Mittel fehlen und viele Banken sind immer noch voller Risiken, für die nicht ausreichend Eigenkapital vorgehalten ist. Mit ihren hohen öffentlichen Schulden machen sich einige Länder Südeuropas verletzlich für abrupte Stimmungsänderungen auf den Finanzmärkten. Die Situation in Italien verdeutlicht drastisch, dass die Verschleppung notwendiger Reformen Europa jetzt auf die Füße fallen könnte und die Existenz der Wirtschaft- und Währungsunion bedroht. Die Geldpolitik der EZB hat in der Krise das Fehlen wichtiger fiskalpolitischer Instrumente aufgefangen. Diese fehlen sowohl auf europäischer Ebene als auch in den Mitgliedstaaten, deren antizyklischer Handlungsspielraum in Krisen durch die EU-Haushaltsregeln stark eingeschränkt ist. Die Kritik richtet sich damit an die falsche Adresse: Die Verantwortlichen dafür, dass die Zinsen immer noch so niedrig gehalten werden müssen, sitzen nicht in Frankfurt, sondern in den europäischen Hauptstädten, allen voran in Berlin.
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Die EZB hat im Angesicht der Krise die Entschlossenheit bewiesen, die die Mitgliedstaaten vermissen ließen. Hierfür verdient sie unseren Dank. In anderen Bereichen fällt die Bilanz nach 20 Jahren weniger gut aus: Der bei der EZB angesiedelte Europäische Ausschuss für Systemrisiken hat wiederholt vor Klimarisiken gewarnt und Finanzinstitute aufgefordert, aus klimaschädlichen Anlagen auszusteigen. Die EZB selbst investiert jedoch im großen Stil in Anleihen der fossilen Energiewirtschaft. Auch in Sachen Transparenz gehört die EZB nicht zu den Klassenbesten. Sie verweigert dem Europäischen Rechnungshof wichtige Unterlagen und geht auf die Empfehlungen der EU-Bürgerbeauftragten Emily O’Reilly nicht ein, die Zusammenarbeit mit der intransparenten „Group of Thirty“ (G30) zu beenden. Damit befeuert sie nicht nur die Zweifel an ihrer eigenen Integrität, sondern an der Integrität der europäischen Institutionen insgesamt. Wer jedoch mit der eigenen Unabhängigkeit schludrig umgeht, gefährdet sie. Verbesserungsbedarf besteht auch beim Kampf der EZB-Bankenaufsicht (SSM) gegen Geldwäsche. Wenn das Geschäftsmodell eines Instituts darauf fußt, ausländische Kunden im Austausch für hohe Gebühren nicht ordentlich zu identifizieren, müssen die EZB-Kontrolleure frühzeitig Alarm schlagen. Die EZB darf bei der Beaufsichtigung von Banken die Risiken aus Geldwäsche und Finanzkriminalität nicht ausblenden.
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