Deutsche Wohnen & Co. enteignen? – Dirk Löhr
Besser Kooperation statt Konfrontation!
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Das Enteignungsbegehren
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Rund 90 % der Berliner wohnen zur Miete. Seit einiger Zeit gehen aber in Berlin die Mieten durch die Decke. Zwar fand die Mietpreissteigerung in Berlin im internationalen Vergleich von einem geringen Niveau aus statt; dennoch brachte sie viele Haushalte an die Grenze dessen, was sie aufzubringen in der Lage sind. Vom ersten Quartal 2012 bis zum ersten Quartal 2021 stiegen die Mieten in Berlin durchschnittlich um ca. 57 %. Zum Vergleich: Die Verbraucherpreise erhöhten sich im selben Zeitraum um ca. 11 %. Nach dem Scheitern des Mietendeckels ruhten die Hoffnungen vieler Berliner auf der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“. Diese leitete ein Volksbegehren in die Wege, über das die Berliner am 26. 9. abstimmten.
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Konkret ging es um die Frage, ob private Wohnungsgesellschaften mit mehr als 3.000 Wohnungen im Bestand vergesellschaftet werden sollten. Mehr als die Hälfte sprach sich dafür, lediglich jeder Dritte gegen das Vorhaben aus. Das Votum ist zwar rechtlich nicht bindend, übt aber politischen Druck auf den zeitgleich gewählten Berliner Senat aus.
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An ein entsprechendes Gesetz (für das die Initiatoren gleich einen Entwurf mitlieferten) sind allerdings hohe rechtliche Anforderungen zu stellen. Die Initiatoren des Volksbegehrens berufen sich auf Art. 15 GG, nach dem eine Vergesellschaftung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln möglich ist. Allerdings – so Juristen der Gegenseite – erweitert die Berliner Verfassung den Grundrechtsschutz; erlaubt deswegen eine Vergesellschaftung nicht. Zudem wird von Gegnern der Vergesellschaftung eingewandt, dass der Staat keinesfalls der bessere Unternehmer sei. Auch sei es nicht klug, nach der Privatisierung der Wohnungsbestände diese später für ein Vielfaches des ursprünglichen Preises wieder zurückzukaufen bzw. eine entsprechend hohe Entschädigung im Rahmen eines Vergesellschaftungsverfahrens zu bezahlen. Wie hoch die zu entrichtende Kompensation bei einer Vergesellschaftung ausfallen müsste, ist allerdings umstritten – mit dem Umgang mit Art. 15 GG bestehen bislang noch keine Erfahrungen und es existiert keine Rechtsprechung. Der Berliner Senat schätzte 2020 die Kosten der Entschädigung zwischen 29 und 39 Mrd. Euro. Er nahm dabei an, dass ein Teil der Summe durch Kredite finanziert werden könne, aber zwischen 6 und 9 Mrd. Euro aus dem Haushalt beigesteuert werden müssten.
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Von den „Enteignungs“gegnern wird weiter kritisiert, dass nur ein Einwirken auf das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage den Wohnungsmarkt nachhaltig entspannen könne. Allein durch den Wechsel des Rechtsträgers entstünde aber keine einzige neue Wohnung. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, da sich das Investitionsklima verschlechtere.
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„Bauen, bauen, bauen“
statt enteignen?
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