Selbstverwaltung mit „Dreigliederung des sozialen Organismus“ – Karl-Dieter Bodack
Nach 3 mal 33 Jahren noch zu wenig realisiert?
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Die Hundertjahrfeiern“ bringen die „Dreigliederung des sozialen Organismus“, die Rudolf Steiner in den Jahren ab 1917 in vielen Vorträgen und Gesprächen vorschlug, in das Blickfeld tausender engagierter Menschen. Woran liegt es, dass diese Sozialgestalt großes Interesse findet, jedoch wenig praktiziert wird? Zwar hat sie nach etwa 33 Jahren im Grundgesetz der Bundesrepublik und später im Grundlagenvertrag der Europäischen Union (mit den Kapiteln „Freiheiten – Gleichheit – Solidarität“) bemerkenswerten Niederschlag gefunden: Ist es jetzt „an der Zeit“, dass sie ihre heilsamen Wirkungen auch in Initiativen und Einrichtungen entfalten könnte und sollte? Der Verfasser hat in der Deutschen Bundesbahn, in Unternehmen und Waldorfschulen mit diesen Intentionen Rudolf Steiners gut und erfolgreich arbeiten können. Warum geschieht dies nicht auch in anderen Einrichtungen, in denen Mitwirkende zwar diesen Sozialimpuls kennen, ihn jedoch nicht verwirklichen?
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Zunächst lassen sich Hindernisse in der Übertragung Rudolf Steiners Perspektiven auf aktuelle Verhältnisse erkennen: Im Chaos der Auflösung des Kaiserreichs zielten seine Vorträge und Vorschläge damals vor allem auf die Gestaltung neuer staatlicher Strukturen. Später erklärte er, dass diese Intentionen in den 1920er Jahren gescheitert seien und sie „nach 33 Jahren in verwandelter Gestalt aus dem Grabe ….“ erstehen würden. Dies kann tatsächlich in den politischen Umwälzungen direkt nach 1949 und 1983 gefunden werden.
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Nun stellt sich uns die ernste Frage, wie heute, nach 3 x 33 Jahren, die „verwandelte Gestalt“ der „Dreigliederung des sozialen Organismus“ aussieht und wie wir sie schaffen können: Gibt es doch offensichtlich vielfach genügend Freiräume in Initiativen, Schulen und Unternehmen, um deren soziale Strukturen gemäß Rudolf Steiners „Dreigliederung“ zu gestalten! Was müsste getan werden, damit sie nunmehr ins Leben tritt?
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Allerdings steht dem offensichtlich ein überliefertes Denken entgegen, das verhaftet ist in Polaritäten, in dualen Denkmustern. Verhalten ist gut oder böse, Erkenntnisse richtig oder falsch, Gestaltungsformen nützlich oder schädlich. In den Sozialwissenschaften, psychologischen Disziplinen und der aktuellen Philosophie werden Polaritäten zwar skaliert, also mit Zwischenstufen bewertet: trotzdem bleibt das Wahrnehmen, Denken und Erkennen in Gegensatzpaaren verhaftet. Von C.G. Jung bis zu Ken Wilber findet man soziale Phänomene oft in Doppelpolaritäten dargestellt, abgebildet in Andreaskreuzen: Auch sie bleiben jedoch stets Denkschemata mit Dualitäten. Im solchem polaren Denken zeigen sich die drei Ideale, die mit der Dreigliederung verwirklicht werden sollen, in den Gegensatzpaaren
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Freiheit »> Unfreiheit, Unterdrückung, Zwang
Gleichheit »> Ungleichheit, Privilegierung, Unterdrückung
Solidarität »> Unsolidarität, Übervorteilung, Ausbeutung.
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Damit erscheint es vordergründig einleuchtend, dass soziale Verhältnisse umso besser werden, je mehr Freiheit, je mehr Gleichheit, je mehr Solidarität verwirklicht werden.
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Folgt man solchen kurzsichtigen Schussfolgerungen, so führen sie alsbald zu konfliktgeladenen Auseinandersetzungen, weil verkannt wird, dass
ein Zuviel an Freiheit zu Willkür und Despotie führt,
ein Zuviel an Gleichheit die Individualitäten der Menschen standardisiert und normiert,
ein Zuviel an Solidarität Zwänge im Sozialen verursachen wird.
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Rudolf Steiners ganz wesentliche Einsicht in den „sozialen Organismus“ war, dass jedes der drei Ideale mit den beiden anderen untrennbar verknüpft und verbunden ist, dass „Menschlichkeit“ von einem spezifischen „Gleichgewicht“ der drei Ideale abhängt, denn
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Mehr Freiheit reduziert Gleichheit und/oder Solidarität, weniger vergrößert diese,
Mehr Gleichheit reduziert Freiheit und/oder Solidarität, weniger vergrößert diese,
Mehr Solidarität reduziert Freiheit und/oder Gleichheit., weniger vergrößert diese.
Die Abhängigkeiten „Dreigliederung“ hat er gelegentlich mit Kreisdarstellungen skizziert, für die genannten Ideale ergibt sich dann das linke Kreisbild. Überträgt man diese Erkenntnis auf die sozialen Modalitäten, mit denen diese Ideale realisiert werden können, so ergeben sich für eine Initiative oder ein Unternehmen entsprechende Kreisbilder. Sie sehen sehr einfach und einleuchtend aus, sind allerdings in der Praxis, selbst in anthroposophisch orientierten Einrichtungen, kaum zu finden. Mit der Größe der Kreissegmente kann dargestellt werden, wie weit oder wie wenig die drei Ideale, die drei Lebensfelder und die drei entsprechenden Führungsmethoden tatsächlich realisiert sind:
Teamverhalten veranlagt und ermöglicht Geistesleben, also Entwicklung, Innovationen,
Vereinbarungen und deren Einhaltung durch Führung schaffen den Rechtsbereich und
delegierte Aufgaben ermöglichen den Mitarbeitern, Kundenorientierung zu praktizieren indem sie die Bedürfnisse der Betroffenen erfüllen („Delegation der Verantwortlichkeit“).
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Genau diese drei „Managementmodalitäten“ spiegeln die „Dreigliederung des sozialen Organismus“! Werden sie in praxiskonformer Weise realisiert, treten die drei Ideale in die Arbeitswelt und schaffen damit „Menschlichkeit“. Statt der Ausgestaltung dieser drei Lebensfelder gibt es in Einrichtungen oft nur die Wahl oder Benennung von „Verantwortlichen“, denen dann „Nichtverantwortliche“ gegenüberstehen, Vorstände entscheiden, Mitarbeiter führen aus! Selbst wenn alle Eltern und Lehrer Mitglieder eines Schulvereins sind, wählen de facto in der Regel passive Mitglieder die aktiv-Tätigen. Rudolf Steiners Vision „aktiv tätig sein wollender Mitglieder“ gibt es dann oft nur im Verborgenen, in Gesprächen, in denen „Die da oben“ kritisiert werden. Damit kann kein „sozialer Organismus“ entstehen, in dem alle drei Ideale gleichermaßen verwirklich werden!
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Selbstverwaltung mit „Dreigliederung des sozialen Organismus“
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Sobald Menschen zusammenwirken, werden Kräfte geweckt:
Einsichten, Erkenntnisse, Ideen und Innovationen wachsen mit dem Engagement der Beteiligten, das, was Rudolf Steiner als „Geistesleben bezeichnete, ebenso können auch
Leistungen, Nutzen und Güter entstehen, also Felder des Wirtschaftens.
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Je stärker diese Felder gepflegt werden, je erfolgreicher sie entwickelt werden, umso mehr können bei den aktiv Mitwirkenden („Verantwortlichen“)
Geltungsbewusstsein, Geltungsstreben bis zu Geltungssucht entstehen und/oder
Besitzstreben, Tendenzen zur Vorteilsnahme bis zu Habsucht geweckt werden.
Jede dieser beiden Tendenzen reduziert den Gemeinsinn, gefährdet damit das Zusammenwirken und das Erreichen der gemeinsamen Ziele. Treten diese Tendenzen immer stärker in Erscheinung, entstehen Ausgrenzungen und Konflikte: Die Gemeinschaft sieht sich dann veranlasst, Mitglieder auszuschließen — oft gerade diejenigen, die zwar fachlich hoch qualifiziert sind, jedoch als im sozialen Kontext nicht integrationsfähig erscheinen.
Wie kann bei solchen Tendenzen der „Gemeinsinn“, die „Soziabilität“ dauerhaft erhalten werden?
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Dabei offenbaren sich drei Wirkungsebenen, „Dimensionen“ des Ich:
Aus dem Denken und Erkennen bilden sich Überzeugungen und Wertvorstellungen, die individuelle „Authentizität“ veranlagen und dem Geltungsstreben unterliegen,
Selbsterhaltungswille führt zu Besitzstreben, diese Dimension der Ich-Aktivitäten nenne ich „Egoität“ (Egoismus ist eine überstarke Ausprägung, die zu Habsucht führen kann),
Die Regungen und Aktivitäten zu Gemeinsinn prägt die Ich-Dimension „Soziabilität“ (Alfred Adler), die Fähigkeit, mit Anderen mitzuempfinden und daraus zu handeln.
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Die Hundertjahrfeiern“ bringen die „Dreigliederung des sozialen Organismus“, die Rudolf Steiner in den Jahren ab 1917 in vielen Vorträgen und Gesprächen vorschlug, in das Blickfeld tausender engagierter Menschen. Woran liegt es, dass diese Sozialgestalt großes Interesse findet, jedoch wenig praktiziert wird? Zwar hat sie nach etwa 33 Jahren im Grundgesetz der Bundesrepublik und später im Grundlagenvertrag der Europäischen Union (mit den Kapiteln „Freiheiten – Gleichheit – Solidarität“) bemerkenswerten Niederschlag gefunden: Ist es jetzt „an der Zeit“, dass sie ihre heilsamen Wirkungen auch in Initiativen und Einrichtungen entfalten könnte und sollte? Der Verfasser hat in der Deutschen Bundesbahn, in Unternehmen und Waldorfschulen mit diesen Intentionen Rudolf Steiners gut und erfolgreich arbeiten können. Warum geschieht dies nicht auch in anderen Einrichtungen, in denen Mitwirkende zwar diesen Sozialimpuls kennen, ihn jedoch nicht verwirklichen?
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Zunächst lassen sich Hindernisse in der Übertragung Rudolf Steiners Perspektiven auf aktuelle Verhältnisse erkennen: Im Chaos der Auflösung des Kaiserreichs zielten seine Vorträge und Vorschläge damals vor allem auf die Gestaltung neuer staatlicher Strukturen. Später erklärte er, dass diese Intentionen in den 1920er Jahren gescheitert seien und sie „nach 33 Jahren in verwandelter Gestalt aus dem Grabe ….“ erstehen würden. Dies kann tatsächlich in den politischen Umwälzungen direkt nach 1949 und 1983 gefunden werden.
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Nun stellt sich uns die ernste Frage, wie heute, nach 3 x 33 Jahren, die „verwandelte Gestalt“ der „Dreigliederung des sozialen Organismus“ aussieht und wie wir sie schaffen können: Gibt es doch offensichtlich vielfach genügend Freiräume in Initiativen, Schulen und Unternehmen, um deren soziale Strukturen gemäß Rudolf Steiners „Dreigliederung“ zu gestalten! Was müsste getan werden, damit sie nunmehr ins Leben tritt?
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Allerdings steht dem offensichtlich ein überliefertes Denken entgegen, das verhaftet ist in Polaritäten, in dualen Denkmustern. Verhalten ist gut oder böse, Erkenntnisse richtig oder falsch, Gestaltungsformen nützlich oder schädlich. In den Sozialwissenschaften, psychologischen Disziplinen und der aktuellen Philosophie werden Polaritäten zwar skaliert, also mit Zwischenstufen bewertet: trotzdem bleibt das Wahrnehmen, Denken und Erkennen in Gegensatzpaaren verhaftet. Von C.G. Jung bis zu Ken Wilber findet man soziale Phänomene oft in Doppelpolaritäten dargestellt, abgebildet in Andreaskreuzen: Auch sie bleiben jedoch stets Denkschemata mit Dualitäten. Im solchem polaren Denken zeigen sich die drei Ideale, die mit der Dreigliederung verwirklicht werden sollen, in den Gegensatzpaaren
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Freiheit »> Unfreiheit, Unterdrückung, Zwang
Gleichheit »> Ungleichheit, Privilegierung, Unterdrückung
Solidarität »> Unsolidarität, Übervorteilung, Ausbeutung.
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Damit erscheint es vordergründig einleuchtend, dass soziale Verhältnisse umso besser werden, je mehr Freiheit, je mehr Gleichheit, je mehr Solidarität verwirklicht werden.
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Folgt man solchen kurzsichtigen Schussfolgerungen, so führen sie alsbald zu konfliktgeladenen Auseinandersetzungen, weil verkannt wird, dass
ein Zuviel an Freiheit zu Willkür und Despotie führt,
ein Zuviel an Gleichheit die Individualitäten der Menschen standardisiert und normiert,
ein Zuviel an Solidarität Zwänge im Sozialen verursachen wird.
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Rudolf Steiners ganz wesentliche Einsicht in den „sozialen Organismus“ war, dass jedes der drei Ideale mit den beiden anderen untrennbar verknüpft und verbunden ist, dass „Menschlichkeit“ von einem spezifischen „Gleichgewicht“ der drei Ideale abhängt, denn
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Mehr Freiheit reduziert Gleichheit und/oder Solidarität, weniger vergrößert diese,
Mehr Gleichheit reduziert Freiheit und/oder Solidarität, weniger vergrößert diese,
Mehr Solidarität reduziert Freiheit und/oder Gleichheit., weniger vergrößert diese.
Die Abhängigkeiten „Dreigliederung“ hat er gelegentlich mit Kreisdarstellungen skizziert, für die genannten Ideale ergibt sich dann das linke Kreisbild. Überträgt man diese Erkenntnis auf die sozialen Modalitäten, mit denen diese Ideale realisiert werden können, so ergeben sich für eine Initiative oder ein Unternehmen entsprechende Kreisbilder. Sie sehen sehr einfach und einleuchtend aus, sind allerdings in der Praxis, selbst in anthroposophisch orientierten Einrichtungen, kaum zu finden. Mit der Größe der Kreissegmente kann dargestellt werden, wie weit oder wie wenig die drei Ideale, die drei Lebensfelder und die drei entsprechenden Führungsmethoden tatsächlich realisiert sind:
Teamverhalten veranlagt und ermöglicht Geistesleben, also Entwicklung, Innovationen,
Vereinbarungen und deren Einhaltung durch Führung schaffen den Rechtsbereich und
delegierte Aufgaben ermöglichen den Mitarbeitern, Kundenorientierung zu praktizieren indem sie die Bedürfnisse der Betroffenen erfüllen („Delegation der Verantwortlichkeit“).
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Genau diese drei „Managementmodalitäten“ spiegeln die „Dreigliederung des sozialen Organismus“! Werden sie in praxiskonformer Weise realisiert, treten die drei Ideale in die Arbeitswelt und schaffen damit „Menschlichkeit“. Statt der Ausgestaltung dieser drei Lebensfelder gibt es in Einrichtungen oft nur die Wahl oder Benennung von „Verantwortlichen“, denen dann „Nichtverantwortliche“ gegenüberstehen, Vorstände entscheiden, Mitarbeiter führen aus! Selbst wenn alle Eltern und Lehrer Mitglieder eines Schulvereins sind, wählen de facto in der Regel passive Mitglieder die aktiv-Tätigen. Rudolf Steiners Vision „aktiv tätig sein wollender Mitglieder“ gibt es dann oft nur im Verborgenen, in Gesprächen, in denen „Die da oben“ kritisiert werden. Damit kann kein „sozialer Organismus“ entstehen, in dem alle drei Ideale gleichermaßen verwirklich werden!
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Selbstverwaltung mit „Dreigliederung des sozialen Organismus“
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Sobald Menschen zusammenwirken, werden Kräfte geweckt:
Einsichten, Erkenntnisse, Ideen und Innovationen wachsen mit dem Engagement der Beteiligten, das, was Rudolf Steiner als „Geistesleben bezeichnete, ebenso können auch
Leistungen, Nutzen und Güter entstehen, also Felder des Wirtschaftens.
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Je stärker diese Felder gepflegt werden, je erfolgreicher sie entwickelt werden, umso mehr können bei den aktiv Mitwirkenden („Verantwortlichen“)
Geltungsbewusstsein, Geltungsstreben bis zu Geltungssucht entstehen und/oder
Besitzstreben, Tendenzen zur Vorteilsnahme bis zu Habsucht geweckt werden.
Jede dieser beiden Tendenzen reduziert den Gemeinsinn, gefährdet damit das Zusammenwirken und das Erreichen der gemeinsamen Ziele. Treten diese Tendenzen immer stärker in Erscheinung, entstehen Ausgrenzungen und Konflikte: Die Gemeinschaft sieht sich dann veranlasst, Mitglieder auszuschließen — oft gerade diejenigen, die zwar fachlich hoch qualifiziert sind, jedoch als im sozialen Kontext nicht integrationsfähig erscheinen.
Wie kann bei solchen Tendenzen der „Gemeinsinn“, die „Soziabilität“ dauerhaft erhalten werden?
– - -
Dabei offenbaren sich drei Wirkungsebenen, „Dimensionen“ des Ich:
Aus dem Denken und Erkennen bilden sich Überzeugungen und Wertvorstellungen, die individuelle „Authentizität“ veranlagen und dem Geltungsstreben unterliegen,
Selbsterhaltungswille führt zu Besitzstreben, diese Dimension der Ich-Aktivitäten nenne ich „Egoität“ (Egoismus ist eine überstarke Ausprägung, die zu Habsucht führen kann),
Die Regungen und Aktivitäten zu Gemeinsinn prägt die Ich-Dimension „Soziabilität“ (Alfred Adler), die Fähigkeit, mit Anderen mitzuempfinden und daraus zu handeln.
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