Abseits des staatlichen Tropfs – Pat Christ
In der Cusanus Hochschule lernen Studierende aus ganz Deutschland
das freie Denken
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Die meisten, aber bei weitem nicht alle Schulen sind hierzulande in staatlicher Hand. Wobei es heute in allen größeren Städten Deutschlands auch Schulen in freier Trägerschaft gibt. Im Hochschulbereich hingegen dominiert der Staat als Träger. Doch auch hier gibt es Alternativen. Zu den mutigsten Experimenten der jüngsten Zeit gehört die Selbstgründung der Cusanus Hochschule in Bernkastel-Kues an der Mosel.
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Die hübschen Fachwerkhäuser in der Bernkasteler Altstadt machen die Kleinstadt im Sommer zum Touristenmagneten. Mit allen Schattenseiten. „Viele Menschen zogen weg, weil sie den Lärm nicht mehr ausgehalten haben“, sagt Silja Graupe, Vizepräsidentin der Hochschule, deren Name an den spätmittelalterlichen Philosophen und Theologen Nikolaus von Kues erinnert. Die Wegzugtendenz kommt den derzeit 100 Studierenden zugute. „Inzwischen haben sich drei große Wohngemeinschaften in der Altstadt gegründet“, so die Professorin für Ökonomie und Philosophie. In der größten leben zehn Studierende zusammen.
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Die anderen Studierenden kommen in der ehemaligen Jugendherberge Moselblick unter. Das 96-Betten-Haus schloss am 1. November 2013. Das Gebäude ist alt und entspricht nach Ansicht des Jugendherbergswerks nicht mehr den Anforderungen einer modernen Unterbringung. Für die Studenten der Cusanus Hochschule ist das Haus allemal gut genug. Sie dürfen die Jugendherberge zwischennutzen.
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Sieben Studenten wohnen dauerhaft hier, bis zu 30 kommen zu den Blockveranstaltungen. Die jungen Leute kochen und lernen zusammen, während ihrer Studienzeit teilen sie miteinander den Alltag. In der ehemaligen Jugendherberge hat außerdem die „Cusanus Studierendengemeinschaft“ ihren Sitz.
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In dieser selbst verwalteten Organisation üben die Studentinnen und Studenten quasi das ein, was sie an der Hochschule lernen. Zu den wichtigsten Aufgaben gehört es, „allen Studierenden ein Studium an der Cusanus Hochschule zu ermöglichen – unabhängig von finanziellen Ausgangslagen“. Dabei muss man wissen, dass das freie Studium an der Hochschule etwas kostet. Schließlich gibt es keine staatlichen Fördermittel. Mit 300 Euro tragen die Studierenden jeden Monat zum Erhalt ihrer Akademie bei. „Wobei es einige Studierende gibt, die freiwillig mehr zahlen, jeder fünfte wiederum ist ein Stipendiat“, berichtet Silja Graupe.
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Wie hoch jeweils das Stipendium für einen Studierenden ist, hängt ganz von dessen individueller Situation ab. Die Gesamthöhe der Stipendien wird innerhalb der einzelnen Jahrgänge entschieden. „Das Vergabesystem wird kontinuierlich reflektiert, um die konkrete Umsetzung zu verbessern und aus Erfahrungen zu lernen“, heißt es von der Studierendengemeinschaft. Das Vergabesystem ermöglichte es allen Studierenden der Pionierjahrgänge, die monatlichen Studiengebühren sowie ihre Lebenshaltungskosten zu stemmen und sich dem Studium und gleichzeitig dem Engagement im Studierendenverein zu widmen.
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„Denken schenken“
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Das Geld für die Stipendien stammt unter anderem aus einer Crowdfunding-Kampagne unter dem Motto „Denken schenken“. Jedes „Denkstipendium“ hat einen Wert von 7.200 Euro. In den vergangenen drei Jahren kamen immer wieder Spenden zwischen 20 und 450 Euro herein. Die Idee der Cusanus Hochschule überzeugt. So schreibt einer der bisher 34 Spender: „Neue ökonomische Bildung ist unabdingbar in einer Welt, die durch und durch von einer immer weniger bewussten ökonomischen Logik beherrscht wird! Bernkastel-Kues kann ein Ort werden, dieses Denken aufzubrechen.“ Weitere solcher Spender werden dringend gesucht, denn noch fehlen über 36.000 Euro.
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Das kleine Völkchen der aktuell 100 Studierenden ist bunt gemischt. Viele, aber keineswegs alle sind ökonomisch vorgebildet. Da ist zum Beispiel der Kulturschaffende aus Hamburg, der es im ökonomisierten und verzweckten Kulturbetrieb nicht mehr aushielt. Sein innerstes Gefühl empörte sich gegen die Art und Weise, wie Kultur heute zu funktionieren hat. „Doch er hatte, bevor er zu uns kam, noch keine Sprache für das gefunden, was ihm Unbehagen bereitet hat“, so Silja Graupe.
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Genau dies gehört zu den vordringlichsten Aufgaben der Cusanus Hochschule. Die Studierenden lernen im Institut für Ökonomie, hinter die Kulissen zu schauen und Strukturen zu entlarven. Sie gehen Phänomenen auf den Grund, versuchen, die bestehenden Verhältnisse klar zu erkennen und die realen Prozesse der globalisierten Wirtschaft zu begreifen.
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Für Silja Graupe ist es vor allem wichtig, dass Studierende wieder lernen, zu fragen. „Denn Fragen zu stellen, wurde ihnen in unserem Bildungssystem abgewöhnt“, sagt sie. Höchstes Ziel der von ihr mitgegründeten Hochschule ist es, Freiräume zu schaffen, damit in jungen Menschen Fragen und Antworten reifen können.
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das freie Denken
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Die meisten, aber bei weitem nicht alle Schulen sind hierzulande in staatlicher Hand. Wobei es heute in allen größeren Städten Deutschlands auch Schulen in freier Trägerschaft gibt. Im Hochschulbereich hingegen dominiert der Staat als Träger. Doch auch hier gibt es Alternativen. Zu den mutigsten Experimenten der jüngsten Zeit gehört die Selbstgründung der Cusanus Hochschule in Bernkastel-Kues an der Mosel.
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Die hübschen Fachwerkhäuser in der Bernkasteler Altstadt machen die Kleinstadt im Sommer zum Touristenmagneten. Mit allen Schattenseiten. „Viele Menschen zogen weg, weil sie den Lärm nicht mehr ausgehalten haben“, sagt Silja Graupe, Vizepräsidentin der Hochschule, deren Name an den spätmittelalterlichen Philosophen und Theologen Nikolaus von Kues erinnert. Die Wegzugtendenz kommt den derzeit 100 Studierenden zugute. „Inzwischen haben sich drei große Wohngemeinschaften in der Altstadt gegründet“, so die Professorin für Ökonomie und Philosophie. In der größten leben zehn Studierende zusammen.
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Die anderen Studierenden kommen in der ehemaligen Jugendherberge Moselblick unter. Das 96-Betten-Haus schloss am 1. November 2013. Das Gebäude ist alt und entspricht nach Ansicht des Jugendherbergswerks nicht mehr den Anforderungen einer modernen Unterbringung. Für die Studenten der Cusanus Hochschule ist das Haus allemal gut genug. Sie dürfen die Jugendherberge zwischennutzen.
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Sieben Studenten wohnen dauerhaft hier, bis zu 30 kommen zu den Blockveranstaltungen. Die jungen Leute kochen und lernen zusammen, während ihrer Studienzeit teilen sie miteinander den Alltag. In der ehemaligen Jugendherberge hat außerdem die „Cusanus Studierendengemeinschaft“ ihren Sitz.
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In dieser selbst verwalteten Organisation üben die Studentinnen und Studenten quasi das ein, was sie an der Hochschule lernen. Zu den wichtigsten Aufgaben gehört es, „allen Studierenden ein Studium an der Cusanus Hochschule zu ermöglichen – unabhängig von finanziellen Ausgangslagen“. Dabei muss man wissen, dass das freie Studium an der Hochschule etwas kostet. Schließlich gibt es keine staatlichen Fördermittel. Mit 300 Euro tragen die Studierenden jeden Monat zum Erhalt ihrer Akademie bei. „Wobei es einige Studierende gibt, die freiwillig mehr zahlen, jeder fünfte wiederum ist ein Stipendiat“, berichtet Silja Graupe.
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Wie hoch jeweils das Stipendium für einen Studierenden ist, hängt ganz von dessen individueller Situation ab. Die Gesamthöhe der Stipendien wird innerhalb der einzelnen Jahrgänge entschieden. „Das Vergabesystem wird kontinuierlich reflektiert, um die konkrete Umsetzung zu verbessern und aus Erfahrungen zu lernen“, heißt es von der Studierendengemeinschaft. Das Vergabesystem ermöglichte es allen Studierenden der Pionierjahrgänge, die monatlichen Studiengebühren sowie ihre Lebenshaltungskosten zu stemmen und sich dem Studium und gleichzeitig dem Engagement im Studierendenverein zu widmen.
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„Denken schenken“
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Das Geld für die Stipendien stammt unter anderem aus einer Crowdfunding-Kampagne unter dem Motto „Denken schenken“. Jedes „Denkstipendium“ hat einen Wert von 7.200 Euro. In den vergangenen drei Jahren kamen immer wieder Spenden zwischen 20 und 450 Euro herein. Die Idee der Cusanus Hochschule überzeugt. So schreibt einer der bisher 34 Spender: „Neue ökonomische Bildung ist unabdingbar in einer Welt, die durch und durch von einer immer weniger bewussten ökonomischen Logik beherrscht wird! Bernkastel-Kues kann ein Ort werden, dieses Denken aufzubrechen.“ Weitere solcher Spender werden dringend gesucht, denn noch fehlen über 36.000 Euro.
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Das kleine Völkchen der aktuell 100 Studierenden ist bunt gemischt. Viele, aber keineswegs alle sind ökonomisch vorgebildet. Da ist zum Beispiel der Kulturschaffende aus Hamburg, der es im ökonomisierten und verzweckten Kulturbetrieb nicht mehr aushielt. Sein innerstes Gefühl empörte sich gegen die Art und Weise, wie Kultur heute zu funktionieren hat. „Doch er hatte, bevor er zu uns kam, noch keine Sprache für das gefunden, was ihm Unbehagen bereitet hat“, so Silja Graupe.
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Genau dies gehört zu den vordringlichsten Aufgaben der Cusanus Hochschule. Die Studierenden lernen im Institut für Ökonomie, hinter die Kulissen zu schauen und Strukturen zu entlarven. Sie gehen Phänomenen auf den Grund, versuchen, die bestehenden Verhältnisse klar zu erkennen und die realen Prozesse der globalisierten Wirtschaft zu begreifen.
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Für Silja Graupe ist es vor allem wichtig, dass Studierende wieder lernen, zu fragen. „Denn Fragen zu stellen, wurde ihnen in unserem Bildungssystem abgewöhnt“, sagt sie. Höchstes Ziel der von ihr mitgegründeten Hochschule ist es, Freiräume zu schaffen, damit in jungen Menschen Fragen und Antworten reifen können.
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