Jenseits der alten Mauern: Wie der Journalismus… – Pat Christ
Walter van Rossum im Gespräch über die Verengung des Debattenraums und die Flucht in die freien Medien.
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Walter van Rossum verhehlt nicht, dass es ein dankbarer Blick ist, mit dem er zurückschaut. Trotz Verlusten. Er, der bereits im Studium beim Deutschlandfunk journalistisch zu arbeiten begonnen und dort 1981 eine erste, anspruchsvolle dreiteilige Serie realisiert hatte, arbeitet heute beim freien Medium „Manova“. Wäre er weiter beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk geblieben, hätte das für ihn de facto Handlungsunfähigkeit bedeutet. Was an schwindenden Berührungspunkten liegt.
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Walter van Rossum widmet sich heute mehr und mehr den Themen, über die man in der breiten Öffentlichkeit gerne den Mantel des Schweigens hüllt. Sowohl er als auch sein aktuelles Medium „Manova“ setzen sich intensiv mit Fragen auseinander, die im Mainstream allenfalls oberflächlich behandelt werden. „Manova“ greift vor allem alternative Sichtweisen und Meinungen zu einer Vielzahl gesellschaftlich relevanter Themen auf. Ähnliches gilt auch für die „Humane Wirtschaft“. Sie veröffentlicht Lösungsideen und alternative wirtschaftstheoretische Positionen, die jenseits dessen liegen, was an Universitäten gelehrt und in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften publiziert wird. Damit agiert sie im „Untergrund“, obwohl es im Kern um die Schaffung humaner Strukturen geht, die es wert wären, auf breiter Basis diskutiert zu werden. Auch bei „Manova“ geht es um das Menschliche. Um Frieden. Um Freiheit. Um Gerechtigkeit und Gleichheit. Und um Geschwisterlichkeit.
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Nun fragt man sich, wie das, was ein Journalist à la Walter van Rossum und ein Magazin wie „Manova“ tut, Wasser auf die Mühlen derer sein kann, die, wie es heutzutage oft geschieht, schnell mit dem Argument: „Das ist rechts!“ bei der Hand sind. Walter von Rossum war ein Journalist von hohen Verdiensten. Wenn man auch nur kurz mit ihm persönlich spricht, spürt man: Dieser Mensch will niemandem etwas Böses. Dieser Mensch ist Mensch und menschlich durch und durch. Wie konnte aus ihm plötzlich, so jedenfalls die Zuschreibung von außen, ein Querulant und Abtrünniger, gar ein „Rechter“ werden?
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„Mitte 2021 habe ich zum letzten Mal im Mainstream geschrieben“, erzählt mir Walter van Rossum im Interview. Dies geschah, weil er es irgendwann nicht mehr ausgehalten hatte, ständig vor der Frage zu stehen: „Was darf ich schreiben und was nicht?“ Sehr seltsam nach so vielen Jahren. Sehr seltsam, fast wie ganz am Anfang, als man noch sehr jung war, als man noch sehr wenig wusste und noch kaum über Handwerkszeug verfügte, plötzlich wieder eine nahezu rechtlose Stellung innerhalb eines Redaktionsteams zu haben. Walter van Rossum wollte sich nicht versklaven lassen. Er kam für sich zu dem Schluss: Ich gehe, denn das Maß ist voll.
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Heute kann man Walter van Rossum mit dem, was vor drei Jahren geschehen ist, nicht mehr in Harnisch bringen. Er ist vollkommen ruhig, wenn er im Rückblick davon berichtet: „Nach 40 Jahren öffentlich-rechtlichem Rundfunk gab es einen kurzen, schmerzlichen Abschied.“ Er ging, wie er das nennt, in die Welt des medialen „Untergrunds“. Anfangs durchaus mit Zweifeln: „Erst hatte ich mir gar nicht vorstellen können, dass man davon leben kann.“
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In Ahnungslosigkeit
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Doch, das geht. Das geht, weil immer mehr Menschen erkennen, dass viel von dem, was öffentlich-rechtlich verkündet wird, man kann es nicht anders sagen, Indoktrinierung ist. Es geht, weil immer mehr Menschen erkennen, dass das Volk ganz offensichtlich in Ahnungslosigkeit gehalten werden soll. Das betraf die Corona-Krise. Und das betrifft aktuell die gefährlich eskalierenden Kriege.
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Die Situation ist wirklich komplett absurd. Da sehen Menschen: Es brennt! Es müsste dringend etwas geschehen, denn bald brennt es lichterloh! Die Menschen wollen die Feuerwehr alarmieren. Doch die kommt nicht. Die will einfach nicht kommen. Es heißt einfach nur: Von wegen Feuer! Was ist denn mit euch los? Seht ihr Gespenster? Wo soll es denn bitte schön brennen? Und dann passiert etwas, das die Menschen, die das Feuer sehen, die die Hitze spüren, denen der Rauch inzwischen fast den Atem nimmt., überhaupt nicht fassen können: Statt das Feuer zu löschen, kommen welche daher, die noch Öl hineingießen.
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Viele verspüren so etwas oder so etwas Ähnliches. Und auch, wenn nicht zu erkennen ist, dass irgendwo eine Rebellion aufflackert: Viele wenden sich innerlich ab. Es ist eine um sich greifende Vertrauenskrise zu beobachten. Mir kommt das gerade wie eine schleichende Krankheit vor. Was die Politik betrifft, was die Medien betrifft und vor allem, was die Verbindung zwischen beiden betrifft – das Vertrauen der Bürger sinkt massiv. Genau das ist es, was den alternativen, freien Medien Zulauf beschert.
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Dennoch die Frage: Könnte man nicht mehr dafür tun, dass nicht so krass „geframed“ wird? Dieses Framing verhindert, dass Menschen, die ahnen, wie viel inzwischen an Verdrängung im Mainstream stattfindet, nicht in Berührung mit freien Medien kommen. Ich erlebe das durch meine eigene Arbeit nahezu jeden Tag. Erst gestern wieder gab mir eine Interviewpartnerin zu verstehen: „Ich schau gar keine Nachrichten mehr an, ich hab das Gefühl, dass man uns doch nicht sagt, worum es eigentlich geht.“ Es hat sich um eine ganz normale Frau gehandelt. Um eine Ergotherapeutin. Davon, dass es Medien jenseits von Tagesschau und Tageszeitung gibt, hatte sie noch nie gehört.
Walter van Rossum macht keinen Hehl daraus, dass er das Nachdenken darüber, ob man im Alternativen vielleicht doch hätte ein bisschen klüger agieren können, um nicht als „rechts“ geframed oder sonstwie diffamiert zu werden, als Zeitverschwendung ansieht. „Wir haben freie Medien mit sehr guten Leuten, die sich viel Mühe geben, etwa bei ‚Manova‘ oder ‚Apolut‘, doch es gibt keine Chance, nicht in die rechte Ecke gestellt zu werden, der Bruch zwischen Ober- und Unterwelt ist sehr scharfkantig“, meint er. Und: „Es ist die Oberwelt, die uns verurteilt, die uns verbannt.“
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