Schon wieder – Laura Gottesdiener
Die an der Wall Street ausgelöste Immobilienkrise hat seit Herbst 2007 mehr als 10 Millionen Menschen um ihr Wohneigentum gebracht. Dadurch ist ein paradoxes Problem entstanden: Während Millionen leerstehender Häuser, die in Bankbesitz übergegangen sind, die Vorstädte verwaisen lassen und die Kriminalitätsrate in die Höhe treiben, sind Millionen obdachlos gewordener US-Bürger auf der Suche nach einer sicheren Unterkunft.
Zum Glück hat man an der Wall Street jetzt eine Lösung gefunden: Die neuen Investoren bieten den ehemaligen Eigentümern die Chance, in ihre zwangsverkauften Häuser zurückzuziehen – als Mieter. Als Vehikel dient dabei ein neuer Typ verbriefter Wertpapiere, der allerdings das ganze Konzept in die Luft sprengen könnte. Wie schon einmal.
Neues Verbriefungsmodell:
Ersteigern und vermieten
Seit Beginn des neuen Kaufrauschs hat kein Unternehmen mehr Häuser erworben als das größte Private-Equity-Unternehmen der Welt: die Blackstone Gruppe. Über ihre Tochterfirma „Invitation Homes“ hat sie bei Zwangsversteigerungen, über lokale Makler und direkt von den Banken massenweise Häuser aufgekauft. In Atlanta hat Invitation Homes auf einen Schlag 1.400 Häuser erworben. Bis November 2013 hat Blackstone insgesamt 7,5 Milliarden Dollar für 40.000 zumeist zwangsversteigerte Objekte im ganzen Land ausgegeben, macht seit Oktober 2012 pro Woche 100 Millionen Dollar. Vor kurzem kündigte das Unternehmen an, man werde sich auf diesem Gebiet auch international engagieren. Als Einstiegsmarkt ist Spanien vorgesehen, wo Zwangsversteigerungen zum Alltag gehören.
Außerhalb des Finanzsektors ist der Name Blackstone bislang kaum ein Begriff. Dabei besitzt die Gruppe die meisten vermieteten Einfamilienhäuser in den USA. Hinzu kommen (ganz oder teilweise) die Hilton-Hotelkette, das britische Gesundheits- und Pflegeunternehmen Southern Cross Healthcare, der TV-Wettersender TWC (The Wheather Channel), das US-Unternehmen Sea World (Betreiber von Meeres-Themenparks), die Kaufhauskette Michael’s (Kunst und Handwerk) und Dutzende weiterer Unternehmen.
Nach Angaben der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC verfügte die Blackstone Group im Jahr 2012 über Vermögenswerte in Höhe von 210 Milliarden Dollar. Zu den institutionellen Anlegern des börsennotierten Unternehmens gehören fast alle namhaften Finanzinstitute, die im Zusammenhang mit der Subprime-Krise auf der Anklageliste stehen: Morgan Stanley, Citigroup, Deutsche Bank, die schweizerische UBS, Bank of America und Goldman Sachs. Und natürlich darf auch die größte US-Bank, JP Morgan Chase, nicht fehlen, die im Oktober 2013 eine Pauschalstrafe in Höhe von 13 Milliarden Dollar akzeptiert hat, um die Einstellung zahlreicher Klagen wegen ihrer riskanten und häufig illegalen Geschäfte mit Hypothekenverbriefungen zu erreichen.
Mit anderen Worten: Wenn Blackstone jetzt erneut – unter Ausnutzung der Wohnungskrise – das große Geld macht, sahnen sämtliche Wall-Street-Banken, die alle Welt als Hauptschuldige betrachtet, mit ab. Also genau jene Institute, die erst die Voraussetzungen für die Überschuldungs- und Zwangsversteigerungskrise geschaffen haben.
Folge:
Steigende Immobilienpreise
In bestimmten Wohnvierteln merken die Leute bereits, dass da etwas aus dem Ruder läuft – auch wenn ihnen Blackstone kein Begriff ist. In Los Angeles zum Beispiel wunderte sich der Makler Mark Alston über eine merkwürdige Entwicklung: Die Häuserpreise zogen wieder an. Und zwar sehr schnell: von Oktober 2012 bis Oktober 2013 um satte 20 Prozent. Unter normalen Marktbedingungen zeigen steigende Preise eine wachsende Nachfrage an. Aber hier war es anders, denn die Zahl der individuellen Hausbesitzer ging zurück.
Außerdem änderte sich der Kreis der Interessenten. Alston macht seine Geschäfte vor allem mit Objekten in den innerstädtischen Wohnvierteln, wo die Bewohner meist Afroamerikaner oder hispanischer Herkunft sind. „Zwei Jahre lang habe ich nichts mehr an eine schwarze Familie verkauft, obwohl ich es ständig versuche“, berichtet Alston. Seine neuen Kunden waren ausnahmslos weiße Geschäftsleute. Und noch eigenartiger war, dass alle in bar zahlten.
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