Profitpflicht – Editorial
Warum die Pandemie nicht enden kann- – -
Die „gute“ Nachricht zuerst:
Die Geldvermögen der Privathaushalte in Deutschland wuchsen vom 1. Quartal 2020 bis zum 2. Quartal 2021 um 1 Billion Euro. Das sind 1.000 Milliarden €. Pro Kopf zirka 12.000 €. Insgesamt verfügen die Deutschen per 30. 6. 2021 über rund 7,4 Billionen Euro an Geldvermögen, pro Einwohner 90.000 €.
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Knapp 16 % Vermögenswachstum in 1‑½ Jahren. Und das bei negativen, bzw. kaum nennenswert über null erzielbaren Zinsen auf Geldanlagen. Vermutlich ist Ihnen aufgefallen, dass diese Entwicklung zu Beginn der Pandemie anfängt. Dem in vielerlei Hinsicht folgenschwersten Ereignis seit Jahrzehnten. Die wirtschaftlich für ganze Branchen verheerenden Folgen scheinen der Zunahme des auf Geldvermögen beruhenden Wohlstands in Summe keinen Abbruch getan zu haben. Denken wir uns zur Seuche noch den immer bedrohlicher werdenden Klimawandel hinzu, samt der dadurch ausgelösten ökologischen Zerfallsprozesse. Seit rund 50 Jahren ist bekannt, welche Gefahren für Mensch und Umwelt damit einhergehen. Der monetäre Reichtum gedeiht auf der verbrannten Erde der Natur. Worauf ließe sich die optimistische Annahme gründen, für diese widersinnigen Kontraste könnte es eine gewaltfreie, demokratische Lösung geben?
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In Bezug auf die Pandemie besteht der von einer überwältigenden Mehrheit getragene, als alternativlos beschriebene Weg in einer Impfung aller Menschen. Ich lasse das Für und Wider zur Impfung, samt der damit einhergehenden Meinungsstreite um Freiheitsfragen oder solche zum Recht auf körperliche Unversehrtheit bewusst außen vor.
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In der globalisierten Welt fliegen pro Tag rund 30 Millionen Leute um die Erde. Die auf anderen Wegen Reisenden müssen noch hinzugerechnet werden. Pandemien im 21. Jahrhundert lassen sich nur weltweit bekämpfen. Nicht regional. Die Seuchenbekämpfungsstrategie scheitert absehbar an der Tatsache, dass die armen Länder des Südens keinen Impfstoff bekommen können, weil ihnen das Geld fehlt. Eine internationale „Rechtsstaatlichkeit“ und ein Wirtschaftssystem, das Profite über Leben stellt, machen zunichte, was in höchster Not als erstrebenswert ausgerufen wird: Die weltweite Beendigung der Pandemie. Die Impfung der Menschen überall auf der Erde ist unmöglich. Selbst, wenn alle es wollten. Zwar subventionierten zahlreiche Länder die Entwicklung der Corona-Impfstoffe mit Milliardenbeträgen aus Steuermitteln, aber die Hüter der Patente dieser Impfstoffe bleiben die Pharmakonzerne und deren Kapitaleigner. Sie diktieren die Bedingungen, die Mengen und die Preise. Die Allgemeinheit hat das Überstehen der riskanten unternehmerischen Phase vor der marktreifen Zulassung ermöglicht. Konzernvertreter werden dennoch nicht müde, das Narrativ des privatwirtschaftlichen Wunders des gesamten Ablaufs vorzutragen. Die „Risikokapitalgeber“ haben bei wesentlichen Entscheidungen zur Bekämpfung der Pandemie kein Mitspracherecht. Nicht wer Impfstoff braucht, bekommt welchen, sondern nur, wer bezahlen kann. Mit fatalen Folgen: Es kommt zu einer „Impfstoff-Apartheid“. Die einkommensschwachen Länder der Südhalbkugel sind fast vollständig vom Zugang zu Impfstoffen abgeschnitten. 2,5 Milliarden Menschen können nicht geimpft werden, weil es ihnen an Geld mangelt. Die Gesetze des Marktes gelten auch in harten Zeiten. Dadurch wird die globale Strategie, durch Impfung die Pandemie in den Griff zu bekommen, zu einer Farce. In Ländern ohne ausreichenden Impfstoffzugang mutiert sich das Virus durch das griechische Alphabet und reist per Flugzeug in den irgendwann einmal zu nahezu 100 % zwangsweise durchgeimpften reichen Norden, um dort weiter sein ansteckendes Unwesen zu treiben.
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