Der Vermögensschatten-Index – Ein Systemwechsel für nachhaltige Stabilität – Editorial

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In der heuti­gen kapi­ta­lis­ti­schen Wirt­schaft basiert unser Geld­sys­tem auf einer stän­di­gen Auswei­tung der Geld­men­ge, ange­trie­ben durch Zins und Zinses­zins. Unser Autor Felix Fuders hat dies in seinem zuletzt erschie­ne­nen Buch wissen­schaft­lich herge­lei­tet und verständ­lich darge­stellt. (Siehe Beitrag im letz­ten Heft und Buch­be­spre­chung in diesem Heft). Diese Mecha­nis­men erzeu­gen eine sich selbst verstär­ken­de Dyna­mik, die als posi­ti­ve Rück­kopp­lung bekannt ist. Verein­facht gesagt: Je mehr Kapi­tal jemand anhäuft, desto größer ist seine Fähig­keit, noch mehr Kapi­tal anzu­häu­fen – durch Zins­er­trä­ge, Inves­ti­tio­nen und Finanz­spe­ku­la­tio­nen. Im Gegen­satz zu einem ausba­lan­cier­ten System fehlt dem kapi­ta­lis­ti­schen Geld­sys­tem jedoch eine einge­bau­te nega­ti­ve Rück­kopp­lung, die exzes­si­ves Wachs­tum begren­zen könnte. Felix Fuders zeigt, dass die Geld­re­form von Silvio Gesell diese Aufga­be über­neh­men könnte. Ohne dieses ausglei­chen­de Element droht das System irgend­wann zu kolla­bie­ren, wie es in der Vergan­gen­heit durch Finanz­kri­sen und Speku­la­ti­ons­bla­sen bereits gesche­hen ist. Für die 2001 verstor­be­ne Umwelt­wis­sen­schaft­le­rin Donella Meadows war das System­den­ken der Ansatz, um Lösun­gen für die bedeu­ten­den Proble­me der Mensch­heit zu finden. Gemein­sam mit ihrem Mann Dennis Meadows und ande­ren Forschern war sie maßgeb­lich an dem 1972 erschie­ne­nen Buch „Die Gren­zen des Wachs­tums“ betei­ligt. Sie wies auf die Allge­gen­wart nega­ti­ver Rück­kopp­lungs­schlei­fen in der Natur hin. Auch der Mensch erfin­det immer neue, um wich­ti­ge System­zu­stän­de in siche­ren Gren­zen zu halten. Ein klas­si­sches Beispiel ist die Ther­mo­stat­schlei­fe einer Heizung. Ziel ist es, den System­zu­stand „Raum­tem­pe­ra­tur“ rela­tiv konstant auf einem bestimm­ten Niveau zu halten. Mit Hilfe von Über­wa­chungs- und Regel­ein­rich­tun­gen werden Abwei­chun­gen vom Soll­wert gemes­sen und bei Bedarf ein Reak­ti­ons­me­cha­nis­mus ausge­löst. (Ofen, Klima­an­la­ge, Venti­la­to­ren usw.). Die Stärke nega­ti­ver Rück­kopp­lungs­schlei­fen liegt also in ihrer Fähig­keit, einen defi­nier­ten Zustand in der Nähe des Ziel­wer­tes zu halten. Zitat Donella Meadows: „Eine nega­ti­ve Rück­kopp­lungs­schlei­fe ist selbst­kor­ri­gie­rend; eine posi­ti­ve Rück­kopp­lungs­schlei­fe ist selbst­ver­stär­kend. Je mehr die Schlei­fe in Gang ist, desto mehr gewinnt sie an Kraft für eine noch stär­ke­re Wirkung. Je mehr Menschen an Grippe erkran­ken, desto mehr Menschen stecken sich an. Je mehr Babys gebo­ren werden, desto mehr Menschen wach­sen auf und bekom­men Kinder. Je mehr Geld du auf der Bank hast, desto mehr Zinsen bekommst du, desto mehr Geld hast du auf der Bank. Je mehr der Boden erodiert, desto weni­ger Vege­ta­ti­on kann er tragen, desto weni­ger Wurzeln und Blät­ter können Regen und Abfluss abfan­gen, desto mehr erodiert der Boden. Je mehr hoch­en­er­ge­ti­sche Neutro­nen in der kriti­schen Masse vorhan­den sind, desto mehr stoßen sie in Kerne ein und erzeu­gen weitere.“ – - -

So werden die Reichen immer reicher und die Armen rela­tiv ärmer. Die Reichen kassie­ren Zinsen, vermeh­ren ihren Reich­tum, die Geld­men­ge und damit die Schul­den der ande­ren, die sich nun noch mehr anstren­gen müssen. Mit dem heuti­gen Geld­sys­tem ist die Mensch­heit zu ewigem Wachs­tum verdammt. Bis zum Zusam­men­bruch, denn wir haben darin keine wirk­sa­me nega­ti­ve Rück­kopp­lung vorge­se­hen, die die Reicht­ums­explo­si­on eindäm­men könnte. – - -

Die syste­mi­sche Tendenz zu unkon­trol­lier­tem Wachs­tum führt nicht nur zu wirt­schaft­li­cher Insta­bi­li­tät, sondern auch zu sozia­ler Ungleich­heit und Umwelt­zer­stö­rung. Der perma­nen­te Wachs­tums­mo­tor verstärkt bestehen­de Ungleich­hei­ten durch die Konzen­tra­ti­on von Kapi­tal in den Händen weni­ger und die Anhäu­fung von Schul­den­ber­gen bei der Mehr­heit der Bevöl­ke­rung. Diese Umver­tei­lung des Reich­tums findet oft unbe­merkt von den Menschen statt, die täglich indi­rekt, versteckt in jedem Zahlungs­vor­gang, die Zins­zah­lun­gen der Super­rei­chen erwirt­schaf­ten. Um dieses Ungleich­ge­wicht zu korri­gie­ren und ein nach­hal­ti­ge­res Wirt­schafts­sys­tem zu schaf­fen, ist ein Para­dig­men­wech­sel notwen­dig – ein System, das nicht auf unend­li­chem Wachs­tum, sondern auf Stabi­li­tät und Gerech­tig­keit basiert. – - -

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