Ein kritischer Denker – Pat Christ
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Er kämpft für eine andere Wirtschaft, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung und ein anderes Geldsystem: Seit Jahrzehnten setzt sich Pfarrer Christoph Körner für eine bessere Gesellschaft ein. Heute ist er 74 Jahre alt und engagiert sich immer noch. Unter der Überschrift „Plädoyer für eine neue Gesellschaft“ leitete er zum Beispiel Ende Mai an der Hochschule Mittweida (Mittelsachsen) eine Bürgerakademie. Ende 2016 erschien sein lesenswertes Buch „Christliche Sozialökonomie“ im Verlag Religion & Kultur.
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Christoph Körner, langjähriges Vorstandsmitglied der „Christen für gerechte Wirtschaftsordnung“, wirft in seinem Buch Fragen auf, die viele HumanwirtschaftlerInnen umtreiben. Gerade jene nach dem Wie einer Systemveränderung. Die auf Ausbeutung beruhende, neoliberale Weltwirtschaftsordnung müsse dringend abgelöst werden, ist Körner als Fürsprecher einer neuen, gerechten Wirtschaftsordnung überzeugt. Hierfür kämpfen mit und neben ihm deutschlandweit immer mehr Menschen und Initiativen – etwa aus der Weltladenszene, der Transition Town-Bewegung oder im Rahmen der Lokalen Agenda 21.
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Festzustellen bleibt: Die Ungerechtigkeit vergrößert sich dennoch. Wie groß die soziale Note aktuell ist, wird bei Besuchen in Tafelläden, Bahnhofsmissionen, Wärmestuben oder Schuldnerberatungsstellen erfahrbar. Die oberen zehn Prozent der deutschen Haushalte, so zeigt der aktuelle Armuts- und Reichtumsbericht auf, verfügen über fast 60 Prozent des gesamten Nettovermögens. Die unteren 50 Prozent besitzen nur ein Prozent. Dieses Missverhältnis verschärft sich tendenziell. Auch nimmt der Anteil des Einkommens, der an die ärmeren Haushalte geht, kontinuierlich ab. Sozialer Aufstieg ist in Deutschland immer schwerer zu schaffen. Die Frage drängt sich auf, wie diese verhängnisvolle Entwicklung gestoppt werden kann.
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Ob die Starken den Schwachen freiwillig und gewaltlos Macht und Reichtum abgeben werden? Innerhalb der sozialen Bewegungen existiert die Ansicht, dass sich die Vernunft eines Tages (endlich) durchsetzen wird. Und die Starken erkennen werden, wie gefährdet ihre eigene Stärke dadurch wird, dass die Welt durch ihre wachsende Macht immer stärker aus dem Gleichgewicht gerät.
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Christoph Körner allerdings sieht nicht, dass die Vernunft zu walten beginnt. Im Gegenteil. Nach seiner Beobachtung entzieht sich die Wirtschaft immer deutlicher der demokratischen Kontrolle. Man habe heute den Eindruck, schreibt er in seinem Buch, „dass sich die Bundesregierung und die Demokratie von den Interessen der Kapitaleigner rechtfertigen muss, statt umgekehrt.“ Auch seien Staat und Parteienvertreter nicht mehr neutral: „Sondern vertreten jeweils eine spezifische Lobby“. Von Unabhängigkeit keine Rede.
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Die Macht der Lobbyisten
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Am Beispiel der Autoindustrie wurde Körners Beobachtung in den vergangenen Monaten mehr als bestätigt. Gerade die Verwobenheit zwischen Politik und Autolobby ist extrem. Greenpeace zeigt dies im „Schwarzbuch Autolobby“ auf. An den Lebensläufen von zwölf „Seitenwechslern“ aus der Politik wird deutlich, wie dicht der Filz ist. Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann zum Beispiel wurde 2007 Präsident des Verbands der Automobilindustrie. Eckart von Klaeden, einst Staatsminister im Bundeskanzleramt, avancierte zum Daimler-Cheflobbyist. Regierungssprecher Thomas Steg stieg bei VW zum Generalbevollmächtigten für Außen- und Regierungsbeziehungen auf.
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Als Korrektiv zu diesen Entwicklungen sieht Christoph Körner Bürgerinitiativen, in denen Menschen über die Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiten. Körner sympathisiert außerdem mit Instrumenten direkter Bürgerbeteiligung wie Bürgergutachten. Letztere sollten nach seiner Ansicht von einer Gruppe von Menschen erarbeitet werden, die im Zufallsprinzip ausgewählt und für ihre Aufgabe freigestellt werden.
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Solche Bürgergutachten gibt es erst sehr vereinzelt. So erarbeiteten vor knapp 15 Jahren 450 Bürgergutachter ein Papier zum Verbraucherschutz in Bayern. In Aachen erstellten 100 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger ein Gutachten zum Thema „Abfall“. Geleitet wurde das Projekt vom Wuppertaler Institut für bürgerschaftliches Engagement in Europa.
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Einsatz für Soziale Demokratie
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Der aus Ostdeutschland stammende Theologe Christoph Körner, der seine Kindheit als Pfarrerssohn im Erzgebirge erlebte, setzt sich jenseits von Sozialismus und Kapitalismus für den Aufbau einer „Sozialen Demokratie“ ein. „In dieser Sozialen Demokratie dürfen wir nicht nur auf Rationalität, Effizienz und Erwerbsarbeit aus sein“, appelliert er. Anstelle von Beziehungen, die durch Herrschaft geprägt sind, müsse ein Zusammenleben „in einer neuen Allianz von Geschwisterlichkeit, der Toleranz und des Dialogs“ treten.
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