Er ging und wird doch immer blei­ben – Editorial

Der Tod unse­res geschätz­ten und gelieb­ten Helmut Creutz stimmt all jene trau­rig, die ihn kann­ten, auch wenn das Ende ihn erst im hohen Alter erreich­te. Er ging in der Obhut seiner Frau Barba­ra von dieser Welt, ohne Schmer­zen, ohne Medi­ka­men­te, zu Hause in gewohn­ter Umgebung.
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Helmut Creutz’ Schaf­fen löste eine nach­hal­ti­ge Wirkung bei Vielen aus. Seine Arbeit in den letz­ten drei­ßig Jahren an den Fehlern der Geld- und Boden­ord­nung entstand aus dem Umfeld eines Menschen heraus, der sich der Ganz­heit der Welt immer bewusst gewe­sen sein muss. Das bewei­sen die lebens­lan­gen Einsät­ze und Enga­ge­ments für Belan­ge wie Bildung, Frie­dens­ar­beit und Umwelt­fra­gen. Verein­zel­te Ausflü­ge in die Prosa bele­gen das eben­falls. Durch einen Leser auf die Auswir­kun­gen des mensch­li­chen Wirt­schaf­tens, haupt­säch­lich der Unge­rech­tig­keit erzeu­gen­den Geld- und Boden­ord­nung aufmerk­sam gemacht, begann sein Inter­es­se an diesen bis dahin für ihn zweit­ran­gi­gen Fragen. Je tiefer er forsch­te und Fakten die Bedeut­sam­keit bestä­tig­ten, die er zuvor für neben­säch­lich hielt, umso mehr wuchs die Wissbegierde.
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Nach­dem ich sein Buch „Das Geld­syn­drom“ inner­halb dreier Tage gele­sen hatte, wollte ich nicht glau­ben, dass es einem mir bis dato unbe­kann­ten Autor gelun­gen sein soll, eine derart weit­rei­chen­de Entde­ckung gemacht zu haben, wo es doch Heer­scha­ren an Exper­ten, Profes­so­ren und Gelehr­ten auf dem Gebiet der Wirt­schafts­fra­gen gibt. Obwohl er die Fakten und logi­schen Schluss­fol­ge­run­gen über­zeu­gend darbot, blieb in mir fürs Erste das Gefühl, dass er bei seinen Darstel­lun­gen etwas Entschei­den­des über­sah. Etwas, das die Fach­leu­te daran hinder­te, die dazu­ge­hö­ren­den Lösun­gen der Proble­me sofort anzu­pa­cken. Es konnte nicht sein, dass ein Archi­tekt aus Aachen, auf das Renten­al­ter zuge­hend, die grund­le­gen­den Fragen komple­xer wirt­schaft­li­cher Zusam­men­hän­ge aufdeck­te und der Fach­welt ihre Blind­heit auf einem Auge beschei­nig­te. Da die Argu­men­te, die er vorbrach­te auf Daten, Zahlen und Fakten beruh­ten, die er bild­haft mit über­zeu­gen­der Klar­heit in Grafi­ken darstell­te, gab es für mich nur eine logi­sche Folge: Ich musste diesen Menschen leib­haf­tig erle­ben. So fuhr ich Anfang der 1990er Jahre in das baden-würt­tem­ber­gi­sche Bietig­heim-Bissin­gen, wo im Neben­zim­mer eines Gast­hofs ein Vortrag von und mit Helmut Creutz statt­fand. Das provin­zi­el­le Ambi­en­te, in dem er das Refe­rat hielt, war ein selt­sa­mer Rahmen für ein inhalt­lich derart schwer­wie­gen­des Thema. Gleich­wohl gestal­te­te die Begeg­nung meinen Lebens­weg um. Ein Funke sprang über und beseel­te in mir den Willen, etwas beizu­tra­gen, dass diese bedeut­sa­men Erkennt­nis­se Früch­te in Form grund­le­gen­der Verän­de­run­gen tragen moch­ten. Der Vortrag war sach­lich und in Ruhe gespro­chen, beglei­tet von Grafi­ken, die mit Hilfe eines Over­head-Projek­tors an die Wand gewor­fen wurden. Ohne jegli­che Thea­tra­lik oder drama­ti­sie­ren­dem Voka­bu­lar präsen­tier­te er die Ergeb­nis­se seiner Forschung. Die Kraft der Worte, die nie von einer lauten Stimme getra­gen wurde, sondern von logi­scher Korrekt­heit, verband er mit dem ihm eige­nen Eifer. Er strahl­te Herzens­wär­me und Güte aus, ohne dass er sich dessen bewusst war. Die Authen­ti­zi­tät des Menschen Helmut Creutz in Gänze war es, die mich letzt­end­lich über­zeug­te. Was in drei Jahr­zehn­ten folgte, war für mich auf eine bedeut­sa­me Weise erfül­lend. Auch wenn man resü­mie­ren muss, dass der Kern des Alter­na­tiv­vor­schlags hinter den Erkennt­nis­sen Helmut Creutz’ und all der unzäh­li­gen Mitstrei­ter bis heute noch immer der Umset­zung harrt. Das geis­ti­ge und leib­haf­ti­ge Verlas­sen einge­tre­te­ner Pfade stellt eine Berei­che­rung des Lebens dar.
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Helmut Creutz brach­te mir nicht nur Licht in die dunkle, beängs­ti­gen­de Ecke von Problem­stel­lun­gen, die Menschen belas­ten, weil das sozia­le Mitein­an­der und die ökolo­gi­schen Gefah­ren bedrü­ckend sind. In dem er oben­drein beitrug, diese Ängste in akti­ves Handeln für Verän­de­rung zu verwan­deln, war er ein Auslö­ser für jene Freude, die man verspürt, wenn man etwas „Verrück­tes“ macht. Das Selbst­be­wusst­sein, wonach man Umstän­de und Gege­ben­hei­ten aushal­ten kann und nicht sofort mit einer Bewer­tung und Schub­la­di­sie­rung zur Stelle sein muss, hat er in mir gestärkt. Spezi­ell in Bezug auf die sympto­ma­ti­schen Auswir­kun­gen, die man uns tagtäg­lich medial präsen­tiert und die schein­bar erzwin­gen, dass wir uns posi­tio­nie­ren, um in dem Spiel „Wer ist gut und wer ist böse?“ von Drit­ten einge­ord­net werden zu können.
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Helmut Creutz war ein Aufklä­rer, der das Denken, Erken­nen und Handeln dem Einzel­nen über­ließ. Er machte tiefer­lie­gen­de Ursa­chen geis­tig zugäng­lich. Er offen­bar­te, dass an Sympto­men ausge­rich­te­ter Akti­vis­mus keine nach­hal­ti­gen Lösun­gen hervor­bringt. Er blieb sich zu jeder Zeit treu. Vorbil­der dieser Art sind unsterblich.
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Herz­lich grüßt Ihr Andre­as Bangemann
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