LobbyControl | Parteitags-Lobbyismus aus Insider-Sicht
Standmieten als verdecke Parteienfinanzierung ins Visier nehmen
Nun glauben wir nicht, dass sich ein Delegierter mit einem einfachen Mittagessen oder einem geschenkten Apfel kaufen lässt. Dennoch zeigen die Erfahrungsberichte, dass vor allem Großunternehmen und Wirtschaftsverbände Parteitage als Lobbyveranstaltungen begreifen, zu denen es gilt, Präsenz zu zeigen und mit kleinen (Äpfel) und größeren (z.T. hohe Standgebühren, Anzeigen) Geschenken an die Parteien die Freundschaft zu erhalten.
Und den Parteien scheint das nur recht zu sein, können sie so doch einen Teil der Kosten für die immer aufwendigeren und damit teureren Parteitage wieder reinholen. Die taz spricht von Ausgaben für die jährlichen Partei-Versammlungen im siebenstelligen Bereich.
Die Sponsoren wiederum können ihre Kosten als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen – anders als Parteispenden, die nicht absetzbar sind. Ein weiterer Vorteil des Sponsoring: Sie werden nicht – wie bei Parteispenden ab 10.000 Euro vorgeschrieben – namentlich im Rechenschaftsbericht der Parteien genannt. Ihre Wohltaten werden so zwar den Parteien bekannt, nicht aber der Öffentlichkeit. Die hat aber ein berechtigtes Interesse zu wissen, wer welche Parteien mit welchen Summen beglückt.
Auch eine Einschränkung oder ein komplettes Verbot von Parteien-Sponsoring – zumindest bei demokratischen Grundpfeilern wie Parteitagen – wäre denkbar. Dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, haben die letzten Tage allzu deutlich gezeigt.
Wenn es um Geld geht, geben alle Parteien und deren Mitglieder ihr Gewissen an der Garderobe des Parteitages ab.
Dieser Filz ist über Jahrzehnte gewachsen und lässt sich wohl nur durch einen radikalen Wechsel entfernen.
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