Eine Kontroverse zwischen Idealisten – Hermann Ott

Buch­be­spre­chung von – - – 

Gesprä­che zwischen zwei Männern sind im Regel­fall nicht gerade Schät­ze denen Verlags­häu­ser nach­ja­gen, um ihre Kassen zu füllen. Mal abge­se­hen viel­leicht von dem selte­nen Fall, dass ein rich­tig „Großer“ spricht und irgend­je­mand ihm die passen­den Stich­wor­te liefert wird norma­ler­wei­se jede Verle­ge­rin abwin­ken – zu groß die Gefahr, dass so ein Männer­ge­spräch wie Blei in den Rega­len liegen bleibt. – - – 

Es muss also gute Gründe dafür geben, dass der oekom verlag ein Gespräch zwischen einem sehr alten – aber nicht mehr sonder­lich bekann­ten – Poli­ti­ker und einem akti­vis­ti­schen Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler für verle­gens­wert gehal­ten hat. Den Leser/innen des Post­wachs­tums­blogs wird sich das mögli­cher­wei­se Span­nen­de eines solchen Gesprächs jeden­falls sofort erschlie­ßen. Und so viel sei gleich verra­ten: Sie werden nicht enttäuscht. – - – 

Das liegt mit Sicher­heit auch an der guten Mode­ra­ti­on durch Chris­tia­ne Grefe. Sie ist nicht nur eine gute Jour­na­lis­tin und einschlä­gi­ge Buch­au­to­rin, sondern lenkt auch geschickt das Gespräch, so dass sich ein Span­nungs­bo­gen ergibt, der die Leser/innen nicht loslässt. Die Gesprä­che finden im Hause Epplers statt und das „Haus hoch über dem mittel­al­ter­li­chen Kern seiner Heimat­stadt Schwä­bisch-Hall“ und auch der Garten, in dem dieser viel Zeit verbringt, spielt eine nicht unwe­sent­li­che Rolle. – - – 

Die beiden Prot­ago­nis­ten schen­ken sich nichts. Natür­lich besteht eine gewis­se Grund­sym­pa­thie durch die in großen Teilen sehr ähnli­che Analy­se der ökolo­gi­schen Proble­me und den gemein­sa­men Kampf gegen Umwelt­zer­stö­rung und Wachs­tums­wahn. Doch werden unter­schied­li­che Posi­tio­nen klar und mit deut­li­chen Worten benannt. Diese sind zum Teil dem unter­schied­li­chen Alter der beiden Prot­ago­nis­ten geschul­det: Während Erhard Eppler durch die Erfah­run­gen des Krie­ges und den Wieder­auf­bau des Landes geprägt wurde, ist Niko Paech ein Kind des begin­nen­den Über­flus­ses in den späten 60er und 70er Jahren des letz­ten Jahr­hun­derts. Diffe­ren­zen erge­ben sich jedoch auch aus ihren doch sehr verschie­de­nen gesell­schaft­li­chen Rollen: Hier der früh poli­ti­sier­te Eppler, Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ter und Minis­ter, dort der zivil­ge­sell­schaft­lich gepräg­te Akti­vist, der nicht nur gesell­schaft­lich, sondern auch in der Wissen­schaft ein Rebell gegen die Konven­tio­nen ist. – - – 

Ein Ausflug in die Entwick­lungs­ge­schich­te der deut­schen Umweltbewegung – - – 

Auf den Unter­schie­den soll der Schwer­punkt dieser Bespre­chung liegen – ohne jedoch uner­wähnt zu lassen, dass die Lese­rin­nen und Leser ein ziem­lich wilder Ritt durch die (Ideen-)Geschichte der Umwelt­be­we­gung erwar­tet, der für sich genom­men schon das Lesen lohnt. Es ist hoch span­nend, wenn Eppler über seine Wahr­neh­mung der deut­schen und globa­len Umwelt­pro­ble­ma­tik in den 70er Jahren erzählt – und über die fatale Nicht­be­ach­tung dieser Thema­tik durch die SPD und den dama­li­gen Kanz­ler Schmidt. Auch die Schil­de­run­gen seiner Konflik­te in der Regie­rung und wie er auf Linie gebracht werden sollte sind lehr­reich. Auf der ande­ren Seite erfährt man durch Paech viel über die Sozia­li­sie­rung im Wohlstands‑, Atom- und Auto­bahn­land Bundes­re­pu­blik Deutsch­land sowie über die Anfän­ge der Anti-Atom- und der Umwelt­be­we­gung. Auch die Viel­falt der neue­ren Lebens- und Arbeits­for­men kommt nicht zu kurz – Miet­syn­di­ka­te, Repair Cafés, Urban Gardening, Tausch­rin­ge, Regio­nal­wäh­run­gen und vieles mehr kommen zur Spra­che. – - –
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