Die EZB ist erst am Anfang ihres Lateins – Ein Kom­men­tar von Ralf Becker

Warum die EZB-Entschei­dun­gen vom 10. 03. 2016 eine nach­hal­ti­ge Stabi­li­sie­rung der Finanz­märk­te in Europa einlei­ten können.
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1. Die Leit­zins-Senkun­gen entspre­chen dem Vermö­gens­über­an­ge­bot an den Märkten
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Einem zuneh­men­den Ange­bot von Geld- und Spar­ver­mö­gen inner­halb Euro­pas steht heute eine sinken­de Nach­fra­ge nach Kredi­ten gegen­über. Bei zuneh­men­dem Kapi­tal und Wohl­stand tendiert der Gleich­ge­wichts-Kredit­preis für lang­fris­ti­ge Geld­an­la­gen und Kredi­te – wie in einer Markt­wirt­schaft üblich – gegen Null.
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Bereits seit 25 Jahren sinkt in den Indus­trie­län­dern – trotz der seit­dem expan­si­ven Geld­po­li­tik der Zentral­ban­ken – das allge­mei­ne reale Zins­ni­veau, wie nach­fol­gen­de Durch­schnitts­wer­te des realen Zins­ni­veaus von Bundes­an­lei­hen mit mehr als 9‑jähriger Lauf­zeit zeigen:
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1990–1999: 4,8 %
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2000–2009: 2,8 %
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2010–2014: 0,5 %
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Aus Sparer-Sicht könnte der Zins zuneh­mend als Preis für nach­hal­ti­ge Vermö­gens-Trans­for­ma­ti­on betrach­tet werden. Wir soll­ten Unter­neh­me­rIn­nen zuneh­mend als beru­fe­ne Werte­be­wah­rer schät­zen. Dank der Risi­ko­be­reit­schaft der Unter­neh­mer ist es möglich, derzei­ti­ge Vermö­gen über Inves­ti­tio­nen in die Zukunft zu transferieren.
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Theo­re­tisch ist es möglich, dass wir in Zukunft für diese Trans­fer­leis­tung den Unter­neh­mern einen Preis zahlen müssen, anstatt von ihnen einen Preis verlan­gen zu können. Selbst die mit hohem Druck betrie­be­ne Globa­li­sie­rung der Finanz­märk­te kann heute und in Zukunft keine wach­sen­den Kredit­märk­te in der bishe­ri­gen Form mehr gewähr­leis­ten. Inso­fern ist es nur folge­rich­tig und unum­gäng­lich, dass die EZB ihre Leit­zin­sen auf Null senkt.
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Die Leit­zins-Senkun­gen halten die Finanz­märk­te Euro­pas bei anhal­tend hohen Export­über­schüs­sen Deutsch­lands im Gleichgewicht
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Dass viele Länder insbe­son­de­re im Süden Euro­pas sich seit Jahr­zehn­ten ver- und über­schul­den, ist nicht allein deren Verant­wor­tung. Indem Deutsch­land seit Jahr­zehn­ten stetig mehr ex- als impor­tiert (im Jahr 2015 allein 260 Mrd. Euro), trägt Deutsch­land Mitver­ant­wor­tung für die zuneh­men­de ökono­mi­sche Insta­bi­li­tät inner­halb der EU.
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Diese Entwick­lung ist nicht nur dadurch aufzu­hal­ten, dass andere EU-Länder ihre Wett­be­werbs­fä­hig­keit stei­gern. Bei jähr­lich wach­sen­der Produk­ti­vi­tät brau­chen wir alle für das glei­che mate­ri­el­le Wohl­stands­ni­veau zukünf­tig schlicht weni­ger zu arbei­ten – wenn eine gerech­te Vertei­lung der erwirt­schaf­te­ten Produk­ti­vi­täts­ge­win­ne gelingt. Wenn wir Deut­schen trotz­dem immer weiter einsei­tig immer mehr arbei­ten, produ­zie­ren und expor­tie­ren, dann zahlen wir einen Preis dafür:
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Die notwen­di­ge Konse­quenz unse­res andau­ern­den Export­über­schuss-Verhal­tens ist eine stei­gen­de Ver- und schließ­lich Über­schul­dung der stetig impor­tie­ren­den Staa­ten. Wenn wir diese nicht mit Gewalt zu höhe­ren Expor­ten zwin­gen wollen, müssen wir entwe­der unsere Expor­te, also Verkäu­fe, in diese Länder beschrän­ken oder unse­ren durch unsere Export­über­schüs­se gewon­ne­nen Reich­tum mit ihnen teilen.
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h. entwe­der wir erlas­sen diesen Import­län­dern regel­mä­ßig einen Teil ihrer Schul­den oder wir schen­ken ihnen – z. B. über die EU – regel­mä­ßig einen Teil unse­res Einkom­mens in Form von Steu­er­mit­teln. Wenn wir uns entschei­den, weiter mehr als die ande­ren zu arbei­ten, verhal­ten wir uns wie ein/e Familienernährer/In, der oder die bewusst mehr Einkom­men als andere Fami­li­en­mit­glie­der erwirt­schaf­tet und seiner Fami­lie einen Teil seines oder ihres Einkom­mens schenkt – das kann sinn­voll und befrie­di­gend sein, wenn man gern arbei­tet und gern teilt.
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So lange wir diesen finan­zi­el­len Ausgleich unse­rer Export-Über­schuss-Poli­tik nicht aktiv betrei­ben, erfolgt dieser Ausgleich, der von uns mit verant­wor­te­ten Schief­la­ge mittel­bar zum Teil durch die EZB. Denn deren aktu­el­le Poli­tik führt zur Senkung der Zinsen, die die über­schul­de­ten Import-Staa­ten für ihre zuneh­men­de Verschul­dung zahlen müssen, so dass diese Länder weiter zahlungs­fä­hig blei­ben und unsere deut­schen Export­über­schüs­se abneh­men können… 

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