Villa Gesell bei Wikipedia – Redaktion

Villa Gesell (eigent­lich Villa Silvio Gesell) ist ein Bade­ort in Argen­ti­ni­en, gele­gen in der Provinz Buenos Aires. Die Stadt an der Küste des Südat­lan­tiks ist Verwal­tungs­zen­trum des gleich­na­mi­gen Part­idos und zählt etwa 20.000 feste Einwohner.

Name
Der Name lautet über­setzt Gesell-Stadt und geht auf Silvio Gesell, den Vater des Stadt­grün­ders Carlos Gesell zurück. Gebräuch­lich ist heute jedoch der abge­kürz­te Name Villa Gesell.

Geschich­te
Carlos Gesell, der gemein­sam mit seinem Bruder in Argen­ti­ni­en eine Kinder­wa­gen­fa­brik betrieb, erfuhr 1931, dass nörd­lich von Mar del Plata ein zehn Kilo­me­ter langer und 1600 Meter brei­ter Küsten­strei­fen zum Verkauf stand. Der Preis war äußerst güns­tig, da Wander­dü­nen und Flug­sand das schlauch­för­mi­ge Gebiet präg­ten. Carlos Gesell hatte kurz zuvor das belgi­sche Seebad Oosten­de besucht und stell­te begeis­tert eine gewis­se Ähnlich­keit der land­schaft­li­chen Verhält­nis­se fest.

Als Kind und Jugend­li­cher hatte er durch das beweg­te Leben seines Vaters Silvio Gesell verschie­de­ne Formen mensch­li­chen Zusam­men­le­bens kennen­ge­lernt, unter ande­rem eine Land­kom­mu­ne in der Schweiz sowie die von Vege­ta­ris­mus und lebens­re­for­me­ri­schen Ideen gepräg­te Kolo­nie Eden bei Orani­en­burg. Impul­se, die er dort empfan­gen hatte, führ­ten zu seinem Lebens­traum, in Argen­ti­ni­en eine alter­na­ti­ve Arbeits- und Lebens­ge­mein­schaft zu verwirk­li­chen. Der Küsten­strei­fen am Atlan­tik schien ihm dafür die geeig­ne­ten Voraus­set­zun­gen zu bieten.
Im Früh­jahr 1932 begann Carlos Gesell gegen den Wider­stand seines Bruders mit der Kulti­vie­rung der Dünen­land­schaft. Er erbau­te ein Holz­haus und versuch­te, in der Dünen­land­schaft Pinien und Akazi­en zu pflan­zen. Ein gewal­ti­ger Sand­sturm begrub diese Anfänge.

Gesell suchte Rat in Deutsch­land. Ein Agrar­in­ge­nieur, der auf den ostfrie­si­schen Inseln erfolg­reich Auffors­tun­gen durch­ge­führt hatte, beriet ihn. Aber auch ein weite­rer Pflanz­ver­such schei­ter­te. Gesell kehrte nach Deutsch­land zurück und über­warf sich mit seinem Bruder. Er ließ sich seinen Geschäfts­an­teil auszah­len und entwi­ckel­te einen neuen Plan, die Dünen­land­schaft der Küsten­re­gi­on zu bepflan­zen. Er kaufte Strand­ha­fer in Deutsch­land und pflanz­te ihn nach seiner Heim­kehr zunächst auf einem Versuchs­feld an. Erste Erfol­ge stell­ten sich ein. Die Dünen­land­schaft gewann an Stabi­li­tät. Er versuch­te im Anschluss erneut, Bäume zu pflan­zen – mit Erfolg. Die Wander­dü­nen wurden stabi­li­siert. Dieses Enga­ge­ment trug Carlos Gesell den Beina­men Verrück­ter der Dünen ein.

Die perma­nen­te Geld­knapp­heit zwang Gesell, sich nach neuen Einkünf­ten umzu­se­hen. Er versuch­te es mit einer Schwei­ne- und Ziegen­zucht – ohne Erfolg. Als 1940 einige Hoch­see­ang­ler aus Buenos Aires zufäl­lig an seiner Küste lande­ten und dort den über­aus großen Fisch­reich­tum entdeck­ten, entwi­ckel­te Gesell die Idee, seinen Land­be­sitz für den Touris­mus zu öffnen. Er baute eine Straße paral­lel zur Küste, den Bule­var Silvio Gesell, die heuti­ge Haupt- und Geschäfts­stra­ße Villa Gesells. Bereits 1941 wurde das erste Gäste­haus, die Pensi­on Sommer­schwal­be, gebaut. In einem Zeitungs­in­se­rat warb Carlos erfolg­reich für sein Para­dies der Einsam­keit und nannte es Villa Silvio Gesell.
Es folg­ten erste Sied­ler, die Grund­stü­cke pach­te­ten und darauf Häuser erbau­ten. Geschäf­te entstan­den und eine Schule wurde gegrün­det. Den Lehrer bezahl­te Carlos Gesell aus eige­ner Tasche.

In den 50er Jahren des 20. Jahr­hun­derts wurde Villa Gesell an das argen­ti­ni­sche Verkehrs­netz ange­schlos­sen. Im Ort herrsch­te Rauch­ver­bot. Alko­hol war nur an Fest­ta­gen erlaubt und das Glücks­spiel gene­rell verboten.

In den 60er Jahren des 20. Jahr­hun­derts entdeck­ten Künst­ler Villa Gesell. Maler, Musi­ker, Foto­gra­fen präg­ten das Orts­bild. Eine Mole, die weit hinaus ins Meer reicht, wurde erbaut. Die Stadt wurde in den 1960er und 1970er Jahren vor allem bei Campern und jungen Leuten beliebt, bis immer mehr Hotels und Vergnü­gungs­stät­ten erbaut wurde und somit der Massen­tou­ris­mus Einzug hielt.

Carlos Gesell starb 1977. 1971 wurde er von dem deut­schen Bundes­prä­si­den­ten Gustav Heine­mann mit dem Bundes­ver­dienst­kreuz ausgezeichnet.

Villa Gesell heute
Viele Nach­kom­men Gesells leben auch heute noch in Villa Gesell. Eine Enke­lin betreibt dort u.a. einen Camping­platz. Ein Museum, das in dem von Carlos Gesell erbau­ten ersten Wohn­haus, der Casa Gesell, seinen Platz hat, erin­nert an den Stadtgründer.

Pro Saison besu­chen etwa 750.000 Touris­ten die Stadt, sie zählt damit zu den Haupt-Touris­ten­zen­tren Argentiniens. 

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