Jede Menge Geld – Andreas Bangemann

Bargeld, hoch­ge­schätzt und unerwünscht – - – 

Es ist para­dox. Noch nie war so viel Bargeld außer­halb der Banken­welt. Gleich­zei­tig liefern sich Exper­ten ein von Wider­sprü­chen gepräg­tes Gefecht um die fälschungs­si­che­ren Schei­ne der Euro­päi­schen Zentral­bank. Die Deut­sche Bundes­bank ist stolz auf die Beliebt­heit der Geld­schei­ne, während der Finanz­mi­nis­ter eine Ober­gren­ze von Barzah­lun­gen gutheißt. Die Bundes­bür­ger schät­zen am Bargeld die leich­te Hand­ha­bung und die Anony­mi­tät der Zahlungs­vor­gän­ge. Für Poli­ti­ker ist Letz­te­res ein Dorn im Auge. Studie um Studie wieder­holt Gefah­ren, wie zum Beispiel Schat­ten­wirt­schaft, Terro­ris­mus­fi­nan­zie­rung oder die orga­ni­sier­te Krimi­na­li­tät, zu welchen Bargeld zur Verne­be­lung wider­recht­li­cher Machen­schaf­ten genutzt würde. Die Kampa­gnen von Banken zur frei­wil­li­gen Umer­zie­hung hin zu bargeld­lo­sen Zahlun­gen laufen ins Leere. Zumin­dest in Deutsch­land. Die Rufe nach Zwangs­maß­nah­men nehmen zu und tragen noch mehr zur Verwir­rung bei. – - – 

Dieser Beitrag soll der Einschät­zung der Rolle des Bargelds in Wirt­schaft und Gesell­schaft dienen und etwas Licht in die Welt der Geld­men­gen bringen. – - – 

Kenneth Rogoff zitiert in seinem Buch „The curse of cash“ (wört­lich: „Der Fluch des Bargelds“ die deut­sche Über­set­zung des Buch­ti­tels lautet aller­dings: »Der Fluch des Geldes«) Dosto­jew­ski mit dem Spruch „Bargeld ist gepräg­te Frei­heit“, aber er kommt zum Schluss, dass diese Frei­heit nur jenen zugu­te­kä­me, die Schäd­li­ches damit im Schil­de führ­ten. Die krimi­nel­len Barge­schäf­te oder die Tatsa­che, dass nur ein gerin­ger Prozent­satz des insge­samt umlau­fen­den Bargelds in der Wirt­schaft genutzt wird, sprä­chen für eine Abschaffung. – - – 

Diese Auffas­sung unter­mau­ert der Autor einer Studie des IWF. Bargeld spielt demzu­fol­ge bei »norma­len« Wirt­schafts­teil­neh­mern nur eine Rolle bei zu zahlen­den Kleinst­be­trä­gen bis 20,- € (bzw. Dollar). Je höher der Nomi­nal­wert der Bank­no­ten, desto unbe­deu­ten­der ihr Umlauf in der Wirt­schaft. Bereits die 100-€-Note ist an den Laden­kas­sen nahezu irrele­vant. Zusam­men mit den noch selte­ner genutz­ten 200er und 500er-Noten summie­ren sich diese Noten­grö­ßen wert­mä­ßig trotz­dem auf rund 60 % des insge­samt ausge­ge­be­nen Bargelds. – - – 

Rogoff und der IWF zählen zu den mit Macht ausge­stat­te­ten Bargeld­geg­nern. Ihnen stehen die „freien Bürger“ gegen­über, die noch die Wahl zu haben schei­nen, womit sie bezahlen. – - – 

Der Buch­au­tor und Finanz­markt­ana­ly­ti­ker Brett Scott spricht von ekla­tan­tem Markt­ver­sa­gen, wenn auf einem vorgeb­lich freien Markt Indi­vi­du­en zu bestimm­ten Zahlungs­wei­sen gezwun­gen werden, die letzt­lich dazu führen, dass Tausch­ge­schäf­te nicht zustan­de kommen. Man müsse gemäß Scott verste­hen, dass wir mit zwei Arten von Zahlungs­mit­teln leben. Auf der einen Seite dem physisch greif­ba­ren Geld in Form von Münzen und Schei­nen – er nennt es »Staats­geld« oder öffent­li­ches Geld – zum ande­ren jenem, das nur in Form von Daten­ob­jek­ten in Geschäfts­ban­ken als »Merk­wer­te« aufbe­wahrt wird. Anstatt Geld­schei­ne zu trans­por­tie­ren, »verschie­ben« wir sie, indem wir mit tech­ni­schen Hilfs­mit­teln Nach­rich­ten an die Bank senden, mit der Bitte, Daten unse­ren Wünschen getreu zu verar­bei­ten. Diese Zahlungs­mit­tel seien kein Staats­geld mehr, statt­des­sen im Wesent­li­chen privat. Sie laufen auf der Infra­struk­tur eines Kollek­tivs aus Geschäfts­ban­ken und Zahlungs­ver­mitt­lern ab, deren vorran­gi­ges Bestre­ben das nach Profit sei. – - –
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