Das Freigeld nach Silvio Gesell – 100 Jahre Natürliche Wirtschaftsordnung

Das Geld ist Tausch­mit­tel, nichts Ande­res. Es soll den Austausch der Waren erleich­tern, die Schwie­rig­kei­ten des Tausch­han­dels umge­hen. Der Tausch­han­del war unsi­cher, schwer­fäl­lig, kost­spie­lig und versag­te wohl auch oft; das Geld, das ihn ablö­sen soll, muss darum den Austausch der Waren sichern, beschleu­ni­gen, verbilligen.


Das ist es, was wir vom Geld fordern. Den Grad der Sicher­heit, Schnel­lig­keit und Billig­keit, womit die Waren ausge­tauscht werden, bildet den Prüf­stein für die Brauch­bar­keit des Geldes. Wenn wir noch neben­bei fordern, dass uns das Geld durch körper­li­che Eigen­schaf­ten möglichst wenig beläs­ti­ge, so ist das eine Forde­rung, die entschie­den erst dann in Betracht kommt, wenn sie die Errei­chung des Geld­zwe­ckes nicht hindert.


Lässt sich die Siche­rung, Beschleu­ni­gung und Verbil­li­gung des Waren­aus­tau­sches mit einem Geld erzie­len, das die Motten nicht fres­sen und das sich oben­drein treff­lich sparen lässt – gut, so mag man solches Geld einfüh­ren. Leidet aber die Sicher­heit, Schnel­lig­keit und Billig­keit des Waren­aus­tau­sches darun­ter, so sagen wir: weg damit!


Und in der Erkennt­nis, dass hier die Arbeits­tei­lung, die wahre Grund­la­ge unse­res Lebens, in Frage kommt, werden wir das Geld genau so herstel­len, wie es die Arbeits­tei­lung verlangt, und zwar ohne irgend­wel­che Rück­sicht auf Sonder­wün­sche und Vorurteile.
Um die Güte des Geldes zu prüfen, werden wir keine Waage, keinen Schmelz­tie­gel, keine Säuren gebrau­chen; wir werden uns auch nicht in die Betrach­tung eines Geld­stü­ckes versen­ken, auch niemand nach seiner Ansicht fragen. Wir werden die Arbeit betrach­ten, die das Geld verrich­tet. Sehen wir, dass das Geld die Waren aufspürt, und sie auf den kürzes­ten Weg von der Arbeits­stät­te dem Verbrau­cher zuführt, beob­ach­ten wir, dass die Märkte und Waren­la­ger sich lich­ten, dass die Zahl der Kauf­leu­te abnimmt, dass die Handels­ge­win­ne zusam­men­schmel­zen, dass keine Absatz­sto­ckun­gen eintre­ten, dass den Erzeu­gern der Absatz für die Erzeug­nis­se ihrer vollen Arbeits­kraft gesi­chert ist, so werden wir ausru­fen: ein vortreff­li­ches Geld! – und werden auch bei dieser Meinung verhar­ren, wenn wir bei nähe­rer Betrach­tung sehen, dass das Geld wenig körper­li­che Reize hat. Wir werden das Geld betrach­ten, wie man etwa eine Maschi­ne betrach­tet, und unser Urteil ganz nach den Leis­tun­gen, nicht nach der Gestalt und Farbe richten.


Von einem guten Geld, einem zweck­ent­spre­chen­den Tausch­mit­tel, werden wir also verlangen:


Dass es den Austausch der Waren siche­re, was wir daran erken­nen werden, dass der Tausch ohne Absatz­sto­ckun­gen, Krisen und Arbeits­lo­sig­keit vor sich geht. –

Dass es den Austausch beschleu­ni­ge, was wir an den gerin­gen Waren­be­stän­den, der gerin­gen Zahl von Kauf­leu­ten und Läden und an den entspre­chend reich gefüll­ten Vorrats­räu­men der Verbrau­cher ermes­sen werden.
Dass es den Austausch verbil­li­ge, was wir an dem gerin­gen Unter­schied zwischen dem Preis, den der Erzeu­ger erhält und dem Preis, den der Verbrau­cher bezahlt, ermes­sen werden. (Zu den Erzeu­gern gehö­ren in diesem Falle auch alle, die an der Güter­be­för­de­rung betei­ligt sind.)


Wie schlecht das herkömm­li­che Geld sich als Tausch­mit­tel bewährt, das hat die Unter­su­chung im III. Teil gezeigt. Ein Geld, das gesetz­mä­ßig in der Weise arbei­tet, dass es sich zurück­zieht, wenn es zu fehlen beginnt, und das in Masse auf dem Markt erscheint, wenn es dort schon über­mä­ßig vertre­ten ist, kann nur dem Schwin­del und Wucher dienen und muss als unbrauch­bar bezeich­net werden, mag es auch, rein körper­lich betrach­tet, manche ange­neh­me Eigen­schaf­ten haben.


Was waren das für grau­en­vol­le Zustän­de, ruft der Kenner aus, die uns die Gold­wäh­rung brach­te! Zuerst die durch den Milli­ar­den­plun­der gespeis­te Grün­der­zeit, dann der unaus­bleib­li­che, gesetz­mä­ßig eintre­ten­de Krach!


Wir führ­ten die Gold­wäh­rung ein, weil wir davon einen Vorteil erwar­ten, und welchen ande­ren Vorteil können wir von einer Ände­rung im Geld­we­sen erwar­ten, als den einer größe­ren Siche­rung, Verbil­li­gung und Beschleu­ni­gung des Güteraustausches?… 

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